Zusammenfassung

 
Begriff

Der Wehrdienst dient der Erfüllung der Wehrpflicht. Das dadurch begründete Rechtsverhältnis unterliegt nicht dem Arbeitsrecht, sondern dem besonderen Dienstrecht des Wehr- und Soldatenrechts samt seinen Nebengesetzen. Mit Wirkung ab 1.7.2011 ist die Wehrpflicht ausgesetzt. Der in der Wehrpflicht liegende Grundrechtseingriff war angesichts der geänderten sicherheits- und verteidigungspolitischen Lage der Bundesrepublik nicht mehr zu rechtfertigen. Die Wehrpflicht bleibt jedoch im Grundgesetz verankert; sie kann mit einfacher Mehrheit vom Bundestag wieder eingeführt werden. An die Stelle der Wehrpflicht tritt der freiwillige, maximal 23-monatige Wehrdienst, der sich aus einem 6-monatigen Wehrdienst als Grundwehrdienst und einem bis zu 17 Monaten andauernden zusätzlichen Wehrdienst zusammensetzt. Durch den freiwilligen Wehrdienst wird kein Arbeitsverhältnis begründet.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Zentrale gesetzliche Vorschrift für den Wehrdienst ist das Wehrpflichtgesetz bzw. das Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 und 2011 (WehrRÄndG 2010 und 2011) sowie das Soldatengesetz; die Störungen, die sich aus der Erfüllung der Wehrpflicht aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus ergeben, regelt das Arbeitsplatzschutzgesetz (ArbPlSchG), es ist ein Nebengesetz zum Wehrdienstrecht. Für den freiwilligen Wehrdienst gilt das Unterhaltssicherungsgesetz (USG).

Lohnsteuer: Ab 2020 ist der Wehrsold der freiwilligen Wehrdienstleistenden steuerpflichtig.

Sozialversicherung: Die Rechtsgrundlagen für den Erhalt der Versicherungspflicht bzw. der Mitgliedschaft in der Sozialversicherung regeln § 193 SGB V für die Krankenversicherung, § 49 SGB XI für die Pflegeversicherung, § 3 SGB VI für die Rentenversicherung und § 26 SGB III für die Arbeitslosenversicherung. Die beitragsrechtlichen Regelungen finden sich in § 244 SGB V (Krankenversicherung), § 57 SGB XI (Pflegeversicherung), § 166 SGB VI (Rentenversicherung) und § 345 SGB III (Arbeitslosenversicherung).

 

Arbeitsrecht

1 Grundsätze

Der Wehrdienst kann in verschiedenen Formen abgeleistet werden.[1] Möglich ist der Wehrdienst als

  • Grundwehrdienst,
  • Wehrübung,
  • besondere Auslandsverwendung,
  • freiwilliger zusätzlicher Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst,
  • Hilfeleistung im Innern oder im Ausland,
  • unbefristeter Wehrdienst im Spannungsfall.

Seit 1.7.2011 erfolgt die Ableistung des Wehrdienstes freiwillig gemäß § 4 Abs. 3 Sätze 1, 2 WPflG in Form des freiwilligen Grundwehrdienstes von 6 Monaten Dauer[2], als zusätzlicher freiwilliger Wehrdienst[3] oder als Hilfeleistung im In- und im Ausland.[4] In keinem dieser Fälle wird ein Arbeitsverhältnis begründet. Die (freiwillig) Wehrdienstleistenden stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (Wehrdienstverhältnis) mit dem Staat.[5]

2 Bedeutung des Arbeitsplatzschutzgesetzes (ArbPlSchG)

Das Arbeitsplatzschutzgesetz (ArbPlSchG) regelt den Schutz vor Benachteiligungen und den Bestand der Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die den Grundwehrdienst oder eine Wehrübung antreten. § 16 ArbPlSchG erweitert den Arbeitsplatzschutz über die Dauer des Grundwehrdienstes hinaus auf besondere Arten des Wehrdienstes.[1] Das ArbPlSchG erfasst aber gemäß § 16 Abs. 7 ArbPlSchG auch die freiwillig Wehrdienstleistenden.[2]

Das ArbPlSchG gilt für alle Arbeitnehmer (Arbeiter, Angestellte und die zur Berufsausbildung Beschäftigten)[3] im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, die der deutschen Wehrgesetzgebung unterliegen.[4]Ausländische Arbeitnehmer, die in ihrem Heimatstaat zur Erfüllung ihrer dort bestehenden Wehrpflicht herangezogen werden, genießen auch teilweise den Schutz des ArbPlSchG. Voraussetzung ist hierfür, dass deren Staat die europäische Sozialcharta unterzeichnet hat.[5] Deutschen Staatsbürgern gleichgestellt und daher den vollständigen Schutz des ArbPlSchG genießend, sind Arbeitnehmer aus EU-Mitgliedstaaten, die in ihren Heimatländern zum Militärdienst herangezogen werden.[6] Gleiches gilt für Staatsangehörige, deren Staaten mit Deutschland oder der EU ein Abkommen abgeschlossen haben, das ein Diskriminierungsverbot von Arbeitnehmern aufgrund der Staatsangehörigkeit vorsieht. Für sie gilt ebenfalls das ArbPlSchG vollumfänglich.[7]

 
Hinweis

Rechtslage bei wehrpflichtigen ukrainischen und russischen Arbeitnehmern

Ukrainische, aber auch russische Staatsangehörige, die aufgrund des Ukraine-Kriegs (Stand April2024) zum Wehrdienst in ihrem Heimatland verpflichtet sind, genießen den Bestandsschutz des deutschen Arbeitsplatzschutzgesetzes. Dieser gilt gemäß § 16 Abs. 6 Satz 2 ArbPlSchG für ausländische Arbeitnehmer, deren Staaten Vertragsparteien der Europäischen Sozialcharta sind; dies ist bei der Ukraine und Russland der Fall. Die entsprechende Anwendung ergibt sich zudem aus den (arbeitsrechtlichen) Diskriminierungsverboten der beiden Partnerschafts- und Koo...

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