Rz. 5

§ 5 Abs. 1 regelt in Satz 1 das Nachtarbeitsverbot von schwangeren und stillenden Frauen, das Gesetz sieht in Satz 2 Ausnahmen für die Arbeit zu späten Abendstunden vor.

Durch diese Vorschrift kommt der deutsche Gesetzgeber seiner Verpflichtung zur Umsetzung von Art. 7 der Mutterschutz-Richtlinie (92/85/EWG) nach. Danach darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zur Nachtarbeit verpflichtet werden. Unter Nachtzeit i. S. d. Richtlinie ist nach Art. 2 Nr. 3 der Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) jede in den Einzelstaaten festgelegte Zeitspanne von mindestens 7 Stunden zu verstehen, die auf jeden Fall die Zeitspanne zwischen 24 Uhr und 5 Uhr erfasst. Das deutsche Arbeitszeitrecht definiert die Nachtzeit in § 2 Abs. 3 ArbZG als die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr, allerdings kann durch Tarifvertrag der Beginn der Nachtzeit auf die Zeit zwischen 22 und 24 Uhr festgelegt werden.

Dagegen ist der Umfang der geleisteten Nachtarbeit, der für die Definition der Nachtarbeiter nach Art. 2 Nr. 4 der Arbeitszeitrichtlinie bedeutsam ist, nicht von Bedeutung, da jede Arbeit zu Nachtzeiten gegen den Willen der schwangeren oder stillenden Frau unzulässig ist.

Im Hinblick auf die Nachtarbeit gelten die allgemeinen Bestimmungen zum mutterschutzrechtlichen Gesundheitsschutz. Die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 7 der Mutterschutzrichtlinie (92/85/EWG), wonach bei Nachtarbeit für die schwangere oder stillende Frau eine Umsetzung an einen Arbeitsplatz mit Tagarbeit zu ermöglichen oder falls die Umsetzung unzumutbar ist, ein Beschäftigungsverbot zu ermöglichen ist, werden durch § 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 MuSchG umgesetzt.

2.1 Nachtarbeit nach Abs. 1 Satz 1

 

Rz. 6

Durch die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 sollen schwangere und stillende Frauen vor den für sie mit der Nachtarbeit verbundenen besonderen Anstrengungen und den daraus entstehenden Gefahren für Leib und Leben von Frau und Kind geschützt werden. Zu diesem Zweck enthält die Regelung ein grds. Verbot der Nachtarbeit von schwangeren oder stillenden Frauen. Dadurch soll zum einen die notwendige Nachtruhe sichergestellt werden, die insbesondere für schwangere Frauen ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitsschutzes darstellt, zumal ab 22 Uhr von einem erhöhten abstrakten Gefährdungspotenzial durch schädlichen Konzentrationsabfall und Überforderung ausgegangen wird. Den Gesetzgeber leiten aber auch ordnungspolitische Erwägungen, um den Druck auf schwangere und stillende Frauen zu nehmen, zwischen 22 Uhr und 6 Uhr zu arbeiten.

 

Rz. 7

Das Gesetz verwendet in Abs. 1 Satz 1 einen eigenständigen, von § 2 Abs. 3 ArbZG abweichenden Begriff der Nachtarbeit. Nach dem Arbeitszeitgesetz liegt Nachtarbeit nur bei einer mehr als 2 Stunden umfassenden Arbeit in der Nachtzeit von 23 bis 6 Uhr vor. Dagegen ist Nachtarbeit im mutterschutzrechtlichen Sinne jede Arbeit zwischen 20 und 6 Uhr. Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 und 6 Uhr beschäftigen. Ausnahmsweise ist eine Beschäftigung bis 22 Uhr zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 28 MuSchG gegeben sind.

Das Verbot gilt dabei für alle schwangeren oder stillenden Frauen, auch wenn sie in Teilzeit, geringfügig oder in mehrschichtigen Betrieben beschäftigt werden. Es gilt auch für Arbeitnehmerinnen, deren Arbeitsvertrag eine Teilzeittätigkeit nur in der Nachtzeit vorsieht, wie etwa eine Servicekraft in einer Hotelbar, die täglich von 20 bis 23 Uhr tätig ist. Da das Nachtarbeitsverbot dem besonderen Gesundheitsschutz der schwangeren und stillenden Frauen dient, ist es nicht unionswidrig, obwohl es nur Frauen von der Nachtarbeit ausschließt.[1] Für jugendliche Arbeitnehmerinnen muss der Arbeitgeber zusätzlich § 14 JArbSchG beachten, wonach Jugendliche grundsätzlich nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt werden dürfen, das Gesetz enthält aber Ausnahmen und Sonderregelungen für bestimmte Berufszweige.

[1] EuGH, Urteil v. 25.7.1991, C-208/90, DB 1991, 609; 5.5.1994, NZA 1994, 609.

2.2 Zulässige Nachtarbeit nach Abs. 1 Satz 2

 

Rz. 8

Die Vorgängerregelung des § 8 MuSchG a. F. sah in Abs. 3 Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen und Arbeitgeber vor. Eine solche Differenzierung nach Berufsgruppen sah der Gesetzgeber nicht mehr als zeitgemäß und zielführend an. Eine auf die freiwillige Entscheidung der schwangeren und stillenden Frau und ein ärztliches Zeugnis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit im Einzelfall abstellende Regelung wird als besser geeignet angesehen, um einerseits gesundheitliche Gefährdungen zu verhindern und andererseits berufliche Nachteile für schwangere und stillende Frauen zu vermeiden.[1]

 

Rz. 9

Das Gesetz lässt daher durch Satz 2 im Unterschied zur Vorgängerregelung des § 8 Abs. 3 MuSchG a. F. für alle schwangeren und stillenden Frauen unabhängig von ihrer Berufsgruppenzugehörigkeit und für die gesamte Dauer der Schwangerschaft eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Nachtarbeit in der Zeit zwischen 20 und 22 Uhr zu. Eine Beschäftigung von schwangeren oder stillenden Frauen ist danach bis 22 Uhr möglich, wenn die Voraussetzungen des § 28 MuSchG erfüllt sind.

Vorausset...

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