Rz. 16

§ 27 Abs. 1 Satz 2 verbietet ausdrücklich die unbefugte Bekanntgabe der Mitteilung der Frau über ihre Schwangerschaft bzw. das Stillen an Dritte. Die Norm stellt das klar, was nach dem BDSG, aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflicht und in Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der werdenden oder jungen Mutter ohnehin gilt: Es ist Sache der Frau zu entscheiden, wem (insbesondere im Kollegenkreis) sie wann von der Schwangerschaft oder über ihr Stillen berichtet.

Das Mitteilungsverbot gilt deshalb im Ergebnis nicht nur – entsprechend dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 – für die Information durch die werdende Mutter gem. § 15 Abs. 1 MuSchG, sondern darüber hinaus auch, wenn der Arbeitgeber die Information anderweitig erlangt hat. Das ergibt sich auch aus § 26 Abs. 3 BDSG.[1]

 

Rz. 17

Ein Verstoß gegen das Mitteilungsverbot kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung seitens der Arbeitnehmerin darstellen (§ 626 BGB). In der Interessenabwägung werden insbesondere die Umstände des Verstoßes und seine Folgen für die persönliche Stellung der Schwangeren zu berücksichtigen sein. Ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt, kommt ein Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB in Betracht. Daneben ist an einen Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB zu denken. Bei einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens bestehen (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB). Zudem kommen Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach § 15 AGG und Art. 82 DSGVO in Betracht. Zuletzt muss auch mit einem Bußgeld durch die Datenschutzaufsicht gerechnet werden.

 

Rz. 18

Allerdings muss der Arbeitgeber die Personen, die die Einhaltung der Mutterschutzvorschriften umsetzen müssen, darüber informieren, dass die Frau schwanger ist bzw. stillt. Eine derartige Weitergabe der Information ist nicht "unbefugt", sondern erfolgt – unabhängig vom Willen der Frau – aus berechtigten Gründen. Dabei darf die Information jedoch weder an mehr Personen als nötig noch früher als nötig weitergegeben werden, sondern ist auf das erforderliche Maß zu beschränken.

Zu den Personen, die informiert werden können bzw. müssen, zählen etwa ein Sachbearbeiter der Personalabteilung und der unmittelbare Vorgesetzte, aber auch der Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit. Nicht dazu zählen insbesondere die Krankenkasse oder Angehörige der Schwangeren.

Den Personen, die auf diese Weise von der Schwangerschaft bzw. dem Stillen erfahren, ist es ihrerseits verboten, die Information an Dritte weiterzugeben. Soweit sie nicht ohnehin aufgrund ihrer Aufgabe zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, muss der Arbeitgeber sie darauf hinweisen. Hat die Frau um Vertraulichkeit gebeten, sollte sie darüber informiert werden, dass die Vertraulichkeit nicht gewährleistet werden kann. Zudem besteht in diesen Fällen Anlass, Zeitpunkt und Umfang der Mitteilung besonders streng zu prüfen.

 

Rz. 19

Es wurde viel diskutiert, ob bzw. unter welcher Voraussetzung auch der Betriebsrat bzw. Personalrat über die Schwangerschaft bzw. das Stillen zu informieren ist. Ansatzpunkt ist, dass das Vertretungsorgan nach § 80 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bzw. § 62 Nr. 2 BPersVG darüber wachen muss, dass die Mutterschutzvorschriften durchgeführt und etwaige Anordnungen der Aufsichtsbehörde befolgt werden. Diese Aufgabe kann es nur erfüllen, wenn es um das Vorliegen der Schwangerschaft weiß. Allerdings setzt der Auskunftsanspruch (generell) voraus, dass das Vertretungsorgan konkret mitteilt, um die Einhaltung welcher Schutzvorschrift es ihm geht und dass die Auskunft für die Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe erforderlich ist. Gewisse Überwachungsaufgaben fallen nämlich nur bei entsprechenden betrieblichen Gegebenheiten – etwa der Durchführung von Nachtarbeit – an.

Die Auskunft über eine konkrete Schwangerschaft betrifft die Verarbeitung von Gesundheitsdaten als eine der besonderen Kategorien personenbezogener Daten i. S. v. Art. 9 Abs. 1, Art. 4 Nr. 15 DSGVO. Diese Datenverarbeitung ist daher nur zulässig, wenn sie

  1. zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und
  2. kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.

Die Datenverarbeitung ist erforderlich, wenn dem Betriebsrat ein Anspruch auf die fragliche Information nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zusteht. Allerdings muss der Betriebsrat zur Wahrung der Interessen der von der Datenverarbeitung betroffenen Arbeitnehmerin angemessene und spezifische Schutzmaßnahmen treffen (§ 26 Abs. 3, § 22 Abs. 2 BDSG). Es ist zu gewährleisten, dass der Betriebsrat das Vertraulichkeitsinteresse der Betroffenen strikt achtet und Vorkehrungen trifft, die bei wertender Betrachtung den in § 22 Abs. 2 Satz 2 BDSG aufgelisteten Kriterien entsprechen. Hat der Betrieb...

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