Rz. 19

Das Referenzprinzip wird gem. § 21 Abs. 4 insofern korrigiert, als gewisse Verdienständerungen, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, Berücksichtigung finden. Dies ergibt sich aus dem Zweck der §§ 18 ff. MuSchG, Einkommensnachteile aufgrund des Beschäftigungsverbots bzw. der Schutzfrist auszugleichen.[1] Die Frau soll weder besser noch schlechter gestellt werden, als wenn sie durchgängig gearbeitet hätte. Faktoren, die den Verdienst unabhängig von der Schwangerschaft oder Stillzeit beeinflusst hätten, fließen deshalb in die Berechnung des Mutterschutzlohns und des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld ein. Die einheitliche Regelung gilt sowohl für Verdiensterhöhungen als auch für Verdienstkürzungen, sowohl für den Mutterschutzlohn als auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.

 

Rz. 20

So sind zunächst Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, bei der Bestimmung des Entgelts im Referenzzeitraums zu berücksichtigen. Dazu gehören die Anhebung des Gehalts bzw. des Stundenlohns aufgrund vertraglicher Vereinbarung, Anhebung des Tariflohns oder betriebsweiter Lohnerhöhung. Genauso zu berücksichtigen ist eine Verdiensterhöhung, die sich daraus ergibt, dass die Arbeitszeit der Arbeitnehmerin erhöht worden wäre oder der Arbeitnehmerin vertragsgemäß eine höherwertige Tätigkeit zugewiesen werden sollte mit der Folge einer entsprechenden Umgruppierung.

 

Rz. 21

Vereinbaren die Parteien, dass die Arbeitnehmerin ab einem bestimmten Zeitpunkt fortlaufend Nacht- und Sonntagsdienste zu leisten hat, so sind diese ab diesem Zeitpunkt selbst dann zu berücksichtigen, wenn die Arbeitnehmerin die Dienste aufgrund des Beschäftigungsverbots tatsächlich nie erbringt.[2] Gleiches gilt, wenn die Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft ein höheres Entgelt – etwa Akkordlohn – erhält, weil sie – in Unkenntnis der Schwangerschaft – entgegen einem Beschäftigungsverbot arbeitet. Künftiger Mutterschutzlohn ist auf der Basis des Akkordlohns zu berechnen, weil dieser maßgeblich wäre, auch wenn die Arbeitnehmerin nicht schwanger wäre.[3] Anders ist dies zu beurteilen, wenn die Arbeitnehmerin in Kenntnis der Schwangerschaft gegen das Beschäftigungsverbot verstößt: § 18 MuSchG will es nämlich gerade verhindern, dass die Arbeitnehmerin zu Beginn der Schwangerschaft versucht, ein besonders hohes Entgelt als Basis für die Berechnung des Mutterschutzlohns zu erhalten.[4]

 

Rz. 22

Für dauerhafte Verdienstkürzungen während oder nach Ablauf des Referenzzeitraums gelten dieselben Grundsätze wie für Verdiensterhöhungen: Sinkt das laufende Entgelt aufgrund einer tariflichen Regelung, vereinbaren die Parteien eine Arbeitszeitreduzierung oder wird der Arbeitnehmerin vertragsgemäß eine geringerwertige Tätigkeit zugewiesen, so ist die daraus folgende Vergütungsreduzierung bei der Berechnung der Leistungen nach §§ 18-20 MuSchG zu berücksichtigen. Gleiches gilt, wenn die Arbeitszeit der Arbeitnehmerin sehr unregelmäßig ist und in der Zeit des Beschäftigungsverbots ohnehin weniger Arbeit angefallen wäre als im Referenzzeitraum. Eine unzulässige einseitige Reduzierung des Umfangs der Arbeitszeit ist hingegen nicht als Änderung i. S. d. § 21 Abs. 4 MuSchG anzusehen.[5] Ein – nicht missbräuchlicher – Wechsel der Lohnsteuerklasse nach Ablauf des Referenzzeitraums, der den Nettolohn mindert, wird nicht als Verdienstkürzung in diesem Sinne angesehen.[6] Verdienstkürzungen, die auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot beruhen, sind hingegen nicht zur berücksichtigen.

 
Praxis-Beispiel

Keine Berücksichtigung von Verdienstkürzungen aufgrund mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote

Vor Eintritt der Schwangerschaft arbeitet die Arbeitnehmerin regelmäßig von 14 Uhr bis 22.30 Uhr (inkl. 30 min Pause). Ab Beginn der Schwangerschaft wird sie wegen § 8 Abs. 1 MuSchG nur noch von 14 Uhr bis 20 Uhr beschäftigt. Sie erhält Vergütung für die Zeit von 14 Uhr bis 20 Uhr sowie Mutterschutzlohn für die ausfallenden Stunden. Nachdem die Arbeitnehmerin im weiteren Schwangerschaftsverlauf aufgrund eines individuellen Beschäftigungsverbots nach § 16 Abs. 1 MuSchG ganz mit der Arbeit aussetzen muss, erhält sie Mutterschutzlohn für 8 Stunden arbeitstäglich.

 

Rz. 23

Dauerhafte Änderungen des Arbeitsentgelts führen allerdings nicht dazu, dass sich auch die Berechnungsart ändert. Soweit das durchschnittliche Arbeitsentgelt z. B. unter Berücksichtigung der im Berechnungszeitraum durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden, etwaiger prozentualer Überstunden-, Nacht- oder Erschwerniszuschläge oder Ähnliches ermittelt wurde, sind diese weiter zu berücksichtigen, aber auf etwaige höhere Stundenlöhne anzuwenden.

 

Rz. 24

Tritt eine Verdienständerung während des Referenzzeitraums ein, ist nicht der Durchschnitt aus der Vergütung vor und nach der Änderung zu berechnen. Vielmehr ist für den gesamten Berechnungszeitraum die geänderte Vergütung maßgebend (§ 21 Abs. 4 Nr. 1).

Tritt eine Verdienstände...

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