Rz. 23

Es ist Sache der stillenden Frau zu entscheiden, wie oft und wie lange sie ihr Kind stillt. Im Rahmen dieser Entscheidung hat sie allerdings – insbesondere hinsichtlich der Lage der Stillzeiten – auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und muss dazu zumutbare organisatorische Maßnahmen ergreifen.[1] Soweit das Stillen außerhalb der Arbeitszeit möglich ist, ist die Gewährung von Freistellung von der Arbeitsleistung nicht erforderlich; der Arbeitnehmerin ist dann weder zusätzliche Freizeit noch zusätzliches Entgelt zu gewähren.

 

Rz. 24

 
Wichtig

Vorrang der Bedürfnisse von Mutter und Kind

D. h.: Dem Stillanliegen von Mutter und Kind ist hinsichtlich Lage und Häufigkeit der Stillzeiten grundsätzlich der Vorrang einzuräumen. Soweit dieses Interesse aber nicht beeinträchtigt wird, sind die Stillzeiten so zu legen, dass die betrieblichen Abläufe möglichst wenig tangiert werden.

 

Rz. 25

Die Erfordernisse des Stillens ändern sich mit den Bedürfnissen des Kindes; etwa erforderliche zusätzliche Mahlzeiten sind für die stillende Frau nicht immer vorhersehbar. Dies muss der Arbeitgeber hinnehmen. Es kann notwendig sein, Lage und Häufigkeit der Stillpausen immer wieder neu festzulegen.

 

Rz. 26

 
Praxis-Beispiel

Stillmahlzeiten innerhalb oder außerhalb der Arbeitszeit

Erhält das Kind täglich nur noch ein oder 2 Stillmahlzeiten, können diese bei einer regelmäßigen Verteilung einer 4- oder 8-stündigen Arbeitszeit außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. In einem Wechselschichtmodell oder bei langen Arbeitszeiten mag hingegen auch in dieser Konstellation manchmal eine Freistellung von der Arbeit erforderlich sein.

 

Rz. 27

Ist es der Arbeitnehmerin ohne Beeinträchtigung organisatorisch möglich, vor der Arbeitsaufnahme zu stillen – und nicht zu Beginn der Tätigkeit –, so ist sie zu diesem Ablauf aus Rücksichtnahme verpflichtet. Möglich ist aber auch, dass die Arbeitszeit zu Arbeitsbeginn verkürzt wird. Bei einem festen Arbeitszeitbeginn kann insofern mehr Rücksichtnahme von der Arbeitnehmerin verlangt werden als bei einem Schichtsystem mit wechselnden Arbeitszeiten. Wenn die Stillzeiten im weiteren Tagesablauf mit der Arbeitszeit zusammenfallen, ist die Freistellung zu gewähren. Insbesondere ist die Arbeitnehmerin nicht verpflichtet, die Stillzeit während einer – vorgegebenen – Ruhepause zu nehmen, soweit diese Pause gem. § 4 ArbZG, § 11 JArbSchG oder aufgrund anderer gesetzlicher bzw. gesetzesgleicher Vorschriften (z. B. Unfallverhütungsvorschriften) vorgeschrieben ist. Wird dennoch während dieser Pausenzeit gestillt, ist die Ruhepause vorher oder nachher zu gewähren.

 

Rz. 28

 
Praxis-Beispiel

Späterer Arbeitsbeginn

Wird der Stundenplan auf Wunsch einer Lehrerin so gestaltet, dass sie erst zur 2. Stunde Unterricht erteilen muss und während der 1. Stunde stillen kann, so wird nicht "während der Arbeitszeit" freigegeben, sondern die Arbeit beginnt erst zur 2. Stunde; § 7 Abs. 2 findet keine Anwendung.[2]

 

Rz. 29

§ 7 Abs. 2 findet ebenfalls keine Anwendung, wenn die Stillzeit in die Pause zwischen 2 Teildiensten fällt oder in eine Stunde, in der eine Lehrerin nach dem konkreten Stundenplan keinen Unterricht zu halten hat (Hohlstunde).[3] Dies gilt allerdings nicht, wenn die Lehrerin während dieser Zeit üblicherweise nicht "frei" hat, sondern etwa Vor- oder Nachbereitungsarbeiten erledigt oder Elterngespräche führt. Die Hohlstunde ist für sie in diesem Fall übliche Arbeitszeit, die ausfällt und nicht vor- oder nachzuarbeiten ist.

[3] VG Stuttgart, Beschluss v. 14.2.2007, 17 K 2032/07.

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