Rz. 37

Voraussetzung für das Greifen der Ausnahme des Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist zum einen, dass es sich um eine Angelegenheit handelt, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betrifft. Der Arbeitgeber muss in seiner Eigenschaft als Betriebsinhaber, die Arbeitnehmer müssen in ihrer Eigenschaft als Beschäftigte des Betriebs berührt sein. Nicht erforderlich ist, dass die Angelegenheit ausschließlich nur den Betrieb und seine Arbeitnehmer betrifft. Es schadet nicht, wenn auch andere Betriebe oder Branchen von der Angelegenheit ebenfalls betroffen sind. Auch Angelegenheiten, die den gesamten Wirtschaftszweig, dem der Betrieb angehört, oder alle Arbeitnehmer der Bundesrepublik betreffen, können im Betrieb behandelt werden, sofern sie konkrete betriebliche Auswirkungen haben.[1] Dies gilt auch für tarif-, sozial-, umweltpolitische und wirtschaftliche Fragestellungen mit allgemeinpolitischem Charakter. Voraussetzung ist jedoch auch hier stets, dass sie Auswirkungen auf den Betrieb und seine Arbeitnehmer haben. Es ist daher von der Regelung des Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 gedeckt, wenn der Betriebsrat zum Beispiel zu einem Thema, das nach dieser Regelung privilegiert ist und sich konkret auf den Betrieb und seine Arbeitnehmer auswirkt, einen Spitzenpolitiker zu einem Vortrag im Betrieb einlädt. Nicht mehr von der Ausnahme des Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 erfasst und damit eine unzulässige parteipolitische Betätigung würde es dagegen darstellen, wenn ein Vortrag zu einem der genannten Themen gerade und nur in Wahlkampfzeiten von einem Spitzenpolitiker als Teil seiner Wahlkampfstrategie in seinem Wahlkreis gehalten wird.[2]

Unzulässig ist schließlich auch jede Behandlung von Angelegenheiten ohne jeden Berührungspunkt mit dem Betrieb, selbst wenn sie allgemeinpolitisch von erheblicher Bedeutung sein mögen, wie z. B. Kriegsereignisse in anderen Ländern.[3]

 

Rz. 38

Abgesehen davon, dass stets eine unmittelbare Betroffenheit des Betriebs und seiner Arbeitnehmer erforderlich ist, damit die Ausnahme nach Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 greift, muss es sich inhaltlich um eine der dort abschließend genannten Angelegenheiten handeln.

Tarifpolitische Angelegenheiten sind solche, die die durch Tarifvertrag geregelten oder zu regelnden Arbeitsbedingungen betreffen. Hierzu gehören auch Fragen des Verhältnisses zwischen betrieblichen Leistungen und tarifvertraglichen Leistungen, wie z. B. Lohnzuschläge, Lohngruppeneinteilungen etc.[4]

Unter sozialpolitischen Angelegenheiten sind alle Fragen der Sozialversicherung, des Arbeits- und Unfallschutzes, des Bildungswesens sowie der die Arbeitnehmer und den Betrieb berührenden steuerrechtlichen Fragen zu verstehen.[5]

Umweltpolitische Angelegenheiten sind zum einen solche, die gesetzliche oder behördliche Maßnahmen des Umweltschutzes betreffen und die Auswirkungen auf den Betrieb und/oder seine Arbeitnehmer haben. Zum anderen gehören dazu auch sonstige umweltrelevanten Auswirkungen, die von außen auf den Betrieb und seine Arbeitnehmer einwirken. Dazu zählen z. B. umweltschädliche Einflüsse von Nachbarbetrieben oder in unmittelbarer Nähe befindlichen Verkehrsanlagen. Schließlich zählen zu den "umweltpolitischen Angelegenheiten" auch umweltschutzrelevante Aspekte der betriebsinternen Anlagen, des Arbeitsablaufs und der Gestaltung der Arbeitsplätze.[6]

Zu den wirtschaftlichen Fragen gehören sowohl die Auswirkungen gesetzlicher oder wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf den Betrieb und/oder seine Arbeitnehmer als auch Auswirkungen von in anderen Ländern ergriffenen Wirtschaftsmaßnahmen auf den Export. Darüber hinaus fallen hierunter auch konkrete wirtschaftliche Maßnahmen, die der Arbeitgeber beabsichtigt.[7]

[1] BAG, Beschluss v. 14.2.1967, 1 ABR 7/66, AP Nr. 2 zu § 45 BetrVG 1952; Fitting/Schmidt, § 74 BetrVG Rz. 57.
[3] Fitting/Schmidt, § 74 BetrVG Rz. 57.
[4] Fitting/Schmidt, § 74 BetrVG Rz. 58.
[5] Fitting/Schmidt, § 74 BetrVG Rz. 59.
[6] Fitting/Schmidt, § 74 BetrVG Rz. 60.
[7] Fitting/Schmidt, § 74 BetrVG Rz. 61.

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