1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift gewährt der JAV das Recht, vor oder nach jeder BR-Versammlung im Einvernehmen mit dem BR eine betriebliche Jugend- und Auszubildendenversammlung einzuberufen (S. 1). Sind BR und Arbeitgeber einverstanden, kann die Einberufung der Versammlung auch zu einem anderen Zeitpunkt erfolgen (S. 2).

 

Rz. 2

Durch die Regelung soll gewährleistet werden, dass die Jugendlichen und Auszubildenden des Betriebs Gelegenheit haben, sie betreffende Angelegenheiten untereinander zu erörtern.

 

Rz. 3

§ 71 BetrVG gilt weder für die GesJAV (s. § 73 Abs. 2 BetrVG) noch für die KJAV (s. § 73b Abs. 2 BetrVG). Für die JAV ist sie zwingendes Recht und kann weder durch Tarifvertrag noch Betriebsvereinbarung abbedungen werden.[1]

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 71 BetrVG Rz. 3.

2 Die Jugend- und Auszubildendenversammlung

2.1 Zusammensetzung der Versammlung

 

Rz. 4

Die JA-Versammlung setzt sich zusammen aus den Mitgliedern der JAV sowie allen übrigen jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten des Betriebs. Teilnahmeberechtigt sind darüber hinaus der Arbeitgeber, der Vorsitzende des BR oder ein anderes, insoweit beauftragtes Mitglied des BR sowie Beauftragte der Verbände gem. § 46 BetrVG. Sind der Vorsitzende der JAV und der BR-Vorsitzende einverstanden, dürfen an der Versammlung auch Sachverständige sowie sonstige Personen als Gäste teilnehmen. Zu den sonstigen Personen gehören auch Auszubildende, die das 25. Lebensjahr bereits vollendet haben.[1]

 

Rz. 5

Stimmberechtigt in der Versammlung sind alle Jugendlichen und Auszubildenden. Ihre Teilnahme an der Jugend- und Auszubildendenversammlung schließt nicht aus, dass sie auch an einer Betriebsversammlung teilnehmen.

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 71 BetrVG Rz. 7.

2.2 Art der Versammlung

 

Rz. 6

Die JA-Versammlung hat grundsätzlich als Vollversammlung stattzufinden. Anders als eine Betriebsversammlung kann sie nicht als Abteilungsversammlung durchgeführt werden; § 71 verweist nicht auf die entsprechende Regelung der §§ 42 Abs. 2 BetrVG, 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Zulässig ist es jedoch, die JA-Versammlung in Teilversammlungen aufzuspalten und durchzuführen, wenn wegen der Eigenart des Betriebs eine Vollversammlung nicht durchgeführt werden kann.[1]

[1] Richardi/Annuß, § 71 BetrVG Rz. 8.

2.3 Einberufung der Versammlung

 

Rz. 7

Die Einberufung der Versammlung setzt einen entsprechenden Beschluss der JAV voraus, der mit einfacher Mehrheit in einer beschlussfähigen Sitzung der JAV zu fassen ist. Die Entscheidung darüber, ob eine Versammlung durchgeführt werden soll oder nicht, liegt grundsätzlich im Ermessen der JAV. Ein Antragsrecht des Betriebsrats oder der Gewerkschaften auf Durchführung einer Versammlung besteht nicht.[1]

 

Rz. 8

Für die Einberufung einer Versammlung ist darüber hinaus das Einvernehmen des Betriebsrats erforderlich. Dieser muss der Einberufung zustimmen.[2] Das Zustimmungserfordernis betrifft sowohl die Durchführung der Versammlung als auch Zeit und Tagesordnung. Die JAV sollte daher dem BR nicht nur mitteilen, dass sie eine Versammlung durchführen will, sondern auch, wann diese stattfinden soll und mit welcher Tagesordnung. Jede wesentliche nachträgliche Änderung oder Ergänzung der Tagesordnung bedarf ebenfalls der Zustimmung des BR. Der BR entscheidet über die Zustimmung nach pflichtgemäßem Ermessen durch Beschluss. Die JAV ist gem. § 67 Abs. 2 BetrVG berechtigt, an der Beschlussfassung teilzunehmen und mitzustimmen.

Die JA-Versammlung hat grundsätzlich in Präsenz stattzufinden. Nach der Regelung in § 129 Abs. 3 BetrVG, die vom 1.3.2020 bis zum 30.6.2021 galt, sowie nach § 129 Abs. 1 BetrVG, die vom 12.12.2021 bis zum 19.3.2022 galt, konnten sie auch mittels Video- oder Telefonkonferenz abgehalten werden. Seit dem 20.3.2022 ist dies – anders als für Sitzungen der JAV – nicht mehr zulässig.[3]

 

Rz. 9

Gem. §§ 71 Satz 3 i. V. m. 46 Abs. 2 BetrVG sind den in der JAV vertretenen Gewerkschaften Zeitpunkt und Tagesordnung der JA-Versammlung rechtzeitig schriftlich mitzuteilen.[4]

[1] Richardi/Annuß, § 71 BetrVG Rz. 10.
[2] Richardi/Annuß, § 71 BetrVG Rz. 11.
[3] Fitting/Schmidt u. a., § 71 BetrVG Rz. 11.
[4] Fitting/Schmidt u. a., § 71 BetrVG Rz. 12.

2.4 Durchführung der Versammlung

2.4.1 Zeitpunkt

 

Rz. 10

Die JAV kann eine JA-Versammlung vor oder nach jeder Betriebsversammlung durchführen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine regelmäßige, zusätzliche oder außerordentliche Betriebsversammlung handelt.[1] Grundsätzlich darf eine JA-Versammlung auch nur vor oder nach einer Betriebsversammlung stattfinden, mithin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsversammlung am selben Tag. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Betriebsablauf so wenig wie möglich gestört wird. Für jeden anderen Zeitpunkt bedarf es des Einverständnisses des Arbeitgebers. Einigen sich BR, JAV und Arbeitgeber auf einen anderen Zeitpunkt, kann die Versammlung auch dann stattfinden.[2]

 

Rz. 11

Die JA-Versammlung findet grundsätzlich während der Arbeitszeit statt, § 71 Satz 3 i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 71 BetrVG Rz. 13.
[2] Fitting/Schmidt u. a., § 71 BetrVG Rz. 15, 16.

2.4.2 Leitung

 

Rz. 12

Die Leitung der JA-Versammlung ist Sache des Vorsitzenden...

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