Rz. 15

Konzern im Konzern

Ein Konzernbetriebsrat kann auch bei einem Tochterunternehmen eines mehrstufigen, vertikal gegliederten Konzerns gebildet werden, wenn diesem ein betriebsverfassungsrechtlich relevanter Spielraum für die bei ihm und für die von ihm abhängigen Unternehmen zu treffenden Entscheidungen verbleibt (BAG, Beschluss v. 16.5.2007, 7 ABR 63/03[1]; BAG, Beschluss v. 21.10.1980, 6 ABR 41/78[2]) (sog. Konzern im Konzern). Die betriebliche Mitbestimmung nach dem BetrVG soll überall dort bestehen, wo die unternehmerische Leitungsmacht konkret ausgeübt und entfaltet wird. Ein solcher Unterkonzern kann bei einheitlicher Leitungsmacht durch ein herrschendes Tochterunternehmen und abhängigen Enkelunternehmen bestehen (BAG, Beschluss v. 21.10.1995, 6 ABR 41/78[3]; LAG Hessen, Beschluss v. 5.2.2004, 9 Ta BV 64/03[4]). Jedenfalls betriebsverfassungsrechtlich ist damit ein Konzern im Konzern weitgehend anerkannt (BAG, Beschluss v. 21.10.1995, 6 ABR 41/78[5]; LAG Hessen, Beschluss v. 5.2.2004, 9 Ta BV 64/03[6]). Anderenfalls würde der gesetzgeberische Zweck, die Beteiligung der Konzernarbeitnehmer an den Entscheidungen der Konzernleitung sicherzustellen, nicht erreicht werden können (BAG, Beschluss v. 14.2.2007, 7 ABR 26/06[7]). Entscheidend ist aber, dass ein derartiger Konzern im Konzern seinerseits sämtliche Voraussetzungen eines Unterordnungskonzerns erfüllt. Das Verhältnis des Mutterunternehmens zum Tochterunternehmen muss daher ebenso wie das Verhältnis zwischen Tochter- und Enkelunternehmen durch die Ausübung bloß "partieller" Leitungsmacht geprägt sein.[8] Dem Tochterunternehmen müssen wesentliche, die Mitbestimmung in personellen, sozialen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten betreffende Leitungsaufgaben zur eigenständigen Ausübung verbleiben. Übt das Mutterunternehmen hingegen einen derart intensiven Einfluss auf das Tochterunternehmen aus, dass dieses keine Möglichkeit der eigenständigen Leitung gegenüber den Enkelunternehmen hat, ist für die Figur des Konzerns im Konzern kein Platz. Übt umgekehrt das Tochterunternehmen sämtliche Leitungsmacht aus und nimmt das Mutterunternehmen hierauf überhaupt keinen Einfluss, liegt ebenfalls kein Konzern im Konzern, sondern zwischen Tochter- und Enkelunternehmen vielmehr ein "gewöhnlicher" Konzern im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne vor.[9]

 

Rz. 16

Gemeinschaftsunternehmen

Einen weiteren in der Praxis wichtigen Sonderfall stellen die sog. Gemeinschaftsunternehmen dar. Ein Gemeinschaftsunternehmen liegt vor, wenn mehrere separate Unternehmen zum gemeinsamen Nutzen durch Gründung oder Anteilserwerb an einer Tochtergesellschaft beteiligt sind und ihre jeweiligen Beteiligungen nicht einzeln, aber bei Zusammenrechnung Stimmenmehrheit ergeben.[10]  Dabei ist für die Frage, ob das Gemeinschaftsunternehmen entweder von mehreren oder nur von einem Unternehmen beherrscht wird, entscheidend, wer tatsächlich die Leitungsmacht über das abhängige Unternehmen ausübt. Wird die einheitliche Leitungsmacht tatsächlich nur von einem der beteiligten Unternehmen ausgeübt, besteht lediglich zwischen diesem und dem abhängigen Unternehmen ein Konzern; üben dagegen sämtliche beteiligten Unternehmen die Leitungsmacht an dem Gemeinschaftsunternehmen gemeinsam aus, bildet das abhängige Gemeinschaftsunternehmen mit jedem der herrschenden Unternehmen einen Konzern.[11]  Auch bei mehrfacher Abhängigkeit gilt die widerlegliche Vermutung nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG (BAG, Beschluss v. 30.10.1986, 6 ABR 19/85[12]). Danach wird vermutet, dass das abhängige Unternehmen mit den herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. Voraussetzung hierfür ist aber, dass für die Ausübung der vereinbarten, gemeinsamen Herrschaft durch die herrschenden Unternehmen eine ausreichend sichere Grundlage besteht. Daher müssen die Einflussmöglichkeiten der verschiedenen Herrschaftsträger koordiniert sein (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 56/03[13]). Sie können sich dabei aus vertraglichen oder organisatorischen Bindungen, aber auch aus rechtlichen und tatsächlichen Umständen sonstiger Art ergeben, wenn sich die herrschenden Unternehmen zu einer gemeinsamen Willensbildung zusammengefunden haben (vgl. BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 56/03[14]; BAG, Beschluss v. 30.10.1986, 6 ABR 19/85[15]). Hiervon kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn gleichgerichtete Interessen eine gemeinsame Unternehmenspolitik gewährleisten (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 56/03[16]).

 

Rz. 17

Aus der mehrfachen Konzernzugehörigkeit eines Gemeinschaftsunternehmens folgt, dass bei jedem der herrschenden Mutterunternehmen ein Konzernbetriebsrat gebildet werden kann (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 56/03[17]). Zwar können insbesondere beim Abschluss von Konzernbetriebsvereinbarungen infolge der Zuständigkeit mehrerer Konzernbetriebsräte Kollisionsprobleme entstehen. Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des § 54 BetrVG – Gewährleistung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Konzernebene – sprechen jedoch gewichtige Argume...

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