Rz. 16

Zulässig ist die Beschlussfassung oder Sitzungsteilnahme per Video- oder Telefonkonferenz nur, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Welche Anforderungen hier genau gestellt werden, ist unklar. Die Gesetzesbegründung führt lediglich aus, dass sichergestellt sein soll, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können und dies durch technische Maßnahmen, wie z. B. eine Verschlüsselung der Verbindung und organisatorische Maßnahmen, wie die Nutzung eines nicht-öffentlichen Raumes während der Dauer der Sitzung, sicherzustellen ist. Andererseits wird in der Gesetzesbegründung genannt, dass die zugeschalteten Sitzungsteilnehmer per Erklärung zum Protokoll versichern können, dass nur teilnahmeberechtigte Personen in dem von ihnen genutzten Raum anwesend sind.

Letztlich kann die Einhaltung dieser Anforderungen nur am Zweck dieser Vorgaben gemessen werden, maßgeblich ist hier § 30 Abs. 1 BetrVG. Danach genügt es, wenn der Betriebsrat die gängigen Vorkehrungen trifft, um sicherzustellen, dass niemand Unbefugtes Kenntnis von der Sitzung erlangt, so z.B. durch Schließen der Tür oder durch eine ausreichende Schallisolierung. Kriminelles Vorgehen braucht der Betriebsrat dabei - auch bei einer Präsenzsitzung - nicht in Betracht zu ziehen. Daher kann der Betriebsrat die üblichen internetbasierten Plattformen für eine Videokonferenz nutzen, solange es Dritten nicht ohne unzulässige Methoden möglich ist, die Sitzung zu belauschen. Mögliche Datenschutzverstöße durch den Anbieter kann er dabei außer Betracht lassen, solange keine Anhaltspunkte hierfür vorliegen. So nennt die Gesetzesbegründung selbst die Nutzung von Skype als zulässige Möglichkeit einer virtuellen Sitzung. In diesem Zusammenhang gilt auch, dass zu den vom Arbeitgeber nach § 40 Abs. 2 BetrVG zu tragenden Kosten der Betriebsratsarbeit auch eine funktionierende Verschlüsselung für die Videokonferenz gehört.

Jedes einzelne Betriebsratsmitglied hat die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Sitzung nicht in seinem Umfeld belauscht wird. Eine Sitzungsteilnahme in einem öffentlichen Raum (Bahnhof, Flughafen...) scheidet daher von vorneherein aus. Das jeweilige Betriebsratsmitglied muss sich während der Sitzung in einem geschlossenen Raum aufhalten, in dem sonst niemand anwesend ist. Sobald nicht teilnahmeberechtigte Personen den Raum betreten, ist hierüber unverzüglich zu informieren und die Sitzung vom Vorsitzenden zu unterbrechen, bis die Nichtöffentlichkeit wiederhergestellt ist.

Wird der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verletzt, führt dies aber nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit eines Beschlusses. Die Beachtung des in § 30 Satz 4 BetrVG normierten Gebots der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen ist zwar grundsätzlich als wesentlich für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Betriebsratsbeschlusses anzusehen. Die Vorschrift soll die sachgemäße Behandlung der Tagesordnungspunkte in einer Betriebsratssitzung sicherstellen und dies setzt die Möglichkeit einer unbefangenen Aussprache unter den Betriebsratsmitgliedern und einer Beschlussfassung frei von Einflüssen Dritter voraus. Durch das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen wird daher nicht nur die Amtsführung des Betriebsrats, sondern auch die der einzelnen Betriebsratsmitglieder geschützt. Allerdings können diese selbst darüber befinden, ob sie durch die Anwesenheit einer nicht teilnahmeberechtigten Person bei der Wahrnehmung ihres Mandats beeinträchtigt werden. Ein wesentlicher, zur Unwirksamkeit des gefassten Beschlusses führender Verstoß gegen § 30 Satz 4 BetrVG liegt daher allenfalls vor, wenn zumindest ein Betriebsratsmitglied vor der Behandlung eines Tagesordnungspunkts die Anwesenheit einer nicht teilnahmeberechtigten Person ausdrücklich beanstandet hat und diese anwesend bleibt (BAG, Beschluss v. 30.9.2014, 1 ABR 32/13). Daher stellt es kein Problem dar, wenn während der virtuellen Sitzungsteilnahme Familienangehörige, z. B. Kinder im Raum sind und die übrigen Sitzungsteilnehmer damit einverstanden sind.

Eine Aufzeichnung der Sitzung ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes unzulässig, dies ergibt sich eindeutig aus § 30 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Ob eine Aufzeichnung mit Zustimmung aller Sitzungsteilnehmer zulässig wäre, ist unklar. Das Gesetz sieht solch eine Einschränkung nicht vor. Gegen eine Aufzeichnungsmöglichkeit spricht, dass sie das Rede- und Abstimmungsverhalten nachhaltig beeinflussen kann. Andererseits kennt die DSGVO in Art. 7 die Möglichkeit der Einwilligung, von der auch der deutsche Gesetzgeber nicht abweichen darf.[1] Daher ist mit ausdrücklicher und jederzeit widerruflicher Einwilligung in die Aufzeichnung und die entsprechende Verwendung der Aufzeichnung, z. B. zur Erstellung des Protokolls der Sitzung eine Aufzeichnung zulässig.

[1] Schulze, ArbR Aktuell 2021, S. 211.

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