Rz. 23

Der Interessenausgleich ist "nur" eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, ihm kommt keine normative Wirkung bei. Im Interessenausgleich können somit keine Regelungen getroffen werden, die verbindlich unmittelbar für und gegen die Arbeitnehmer wirken.

 
Praxis-Beispiel

Im Interessenausgleich ist geregelt, dass die Betriebsstilllegung erst zum 1. April des Folgejahres durchgeführt wird. Der Arbeitgeber hält sich daran nicht und legt den Betrieb bereits zum 31. Dezember still.

Da der Interessenausgleich keine Rechtsansprüche für die Arbeitnehmer begründet, können diese vom Arbeitgeber nicht verlange, sie noch bis zum 31. März des Folgejahres zu beschäftigen.

Wohl können sie wegen der verfrühten Betriebsstilllegung und dem Abweichen vom vereinbarten Interessenausgleich Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 1 BetrVG verlangen, z. B. den Ersatz des ihnen durch die vorzeitige Stilllegung entstandenen Schadens.

Werden in einem Interessenausgleich dennoch Rechte oder Pflichten für die Arbeitnehmer festgeschrieben, so behandelt die Rechtsprechung diese Bestimmungen nicht als Interessenausgleich, sondern als Sozialplanbestimmung (BAG, Urteil v. 14.11.2006, 1 AZR 40/06). Sie begründen ggf. Ansprüche der Arbeitnehmer.

 

Rz. 24

Der Interessenausgleich ist eine freiwillige Vereinbarung. Kommt eine Einigung nicht zustande, können Arbeitgeber und Betriebsrat zwar auch die Einigungsstelle anrufen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Diese hat jedoch nicht die Befugnis, über die Aufstellung des Interessenausgleichs durch einen Spruch zu entscheiden, wie sich aus dem Gegenschluss aus § 112 Abs. 4 BetrVG ergibt.

 

Rz. 25

Sanktion für einen Verstoß des Arbeitgebers gegen den Interessenausgleich ist der Nachteilsausgleich des § 113 BetrVG. Der Betriebsrat hat keinen eigenen Anspruch auf Unterlassung von Maßnahmen des Arbeitgebers, die gegen den Interessenausgleich verstoßen (BAG, Beschluss v. 28.8.1991, 7 ABR 72/90).[1] In der Praxis kommt es vor, dass ein Interessenausgleich mit dem Sozialplan in einer Vereinbarung oder dass der Interessenausgleich in Form einer Betriebsvereinbarung mit weiteren Regelungsgegenständen getroffen wird. Dann hängt die Einklagbarkeit der einzelnen Regelungen von der Regelung im Einzelfall ab.

Auch wenn der Arbeitgeber überhaupt nicht versucht, sich mit dem Betriebsrat über den Interessenausgleich zu verständigen, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der vom Arbeitgeber durchgeführten Betriebsänderungen. Allerdings muss der Arbeitgeber möglicherweise nicht unerhebliche Abfindungszahlungen als Nachteilsausgleich i. S. d. § 113 BetrVG leisten.

[1] A. A. Fitting §§ 112, 112a BetrVG Rz. 45: Anspruch kann in Interessenausgleich begründet werden, Auslegung im Einzelfall maßgebend.

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