Rz. 1

Die Anhörung des Betriebsrats ist nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Die Vorschrift bezweckt einen präventiven Kündigungsschutz und ergänzt somit den allgemeinen Kündigungsschutz des KSchG. Sie berücksichtigt, dass der Kündigungsschutz individualrechtlich ausgestaltet ist und sieht daher kein Zustimmungserfordernis, sondern ein bloßes Anhörungsrecht des Betriebsrats vor, wenn nicht die Betriebsparteien – oder nach h. M. auch die Tarifpartner[1], nicht dagegen die Arbeitsvertragsparteien[2] – etwas anderes vereinbaren. Der Sinn und Zweck der Vorschrift besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht, d. h. ggf. zugunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken, wobei der Betriebsrat die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich hierüber eine eigene Meinung bilden können soll.[3] Eine selbstständige objektive Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der Kündigung ist gerade nicht beabsichtigt; es soll lediglich eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglicht werden.[4]

[1] BAG, Beschluss v. 10.2.1988, 1 ABR 70/86, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 53; BAG, Urteil v. 21.6.2000, 4 AZR 379/99, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 121; Richardi/Thüsing, BetrVG, 17. Aufl. 2022, § 102 BetrVG Rz. 316 m. w. N.
[2] BAG, Urteil v. 23.4.2009, 6 AZR 263/08, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 160; a. A. Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 294.

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