Rz. 974

Sofern die oben genannten Voraussetzungen vorliegen, wird gesetzlich vermutet, dass die ausgesprochenen Kündigungen durch "dringende betriebliche Erfordernisse" i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt sind. Die Beweislastregel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG wird damit zulasten des Arbeitnehmers umgekehrt.

 

Rz. 975

Die gesetzliche Vermutung erstreckt sich sowohl auf den betriebsbedingten Kündigungsgrund als auch auf die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen.[1] Im Fall einer betriebsbedingten Änderungskündigung geht die Vermutung nach § 1 Abs. 5 KSchG dahin, dass das Weiterbeschäftigungsbedürfnis zu den bisherigen Konditionen weggefallen ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der örtliche Betriebsrat auch die Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben des Unternehmens überprüfen kann; dies ist angesichts des korrespondierenden Widerspruchsrechts des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG konsequent. Das BAG hat sich dieser auch in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung angeschlossen (BAG, Urteil v.19.6.2007, 2 AZR 304/06[2]).

 

Rz. 976

Schließlich wird im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 5 KSchG auch eine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu geänderten Arbeitsbedingungen oder nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen vermutet.[3] Beschäftigt der Arbeitgeber allerdings Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen, so widerlegt dies die gesetzliche Vermutung (LAG Köln, Urteil v. 10.8.2009, 5 Sa 380/09[4]).

[1] BT-Drucks. 15/1204, S. 11; vgl. auch APS/Kiel, 5. Aufl. 2017, § 1 KSchG, Rz. 716 und HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 428.
[2] NZA 2008 S. 633; vgl. auch BAG, Urteil v. 27.9.2012, 2 AZR 516/11, NZA 2013 S. 559.
[3] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 428.
[4] FD-ArbR 2009, 290456.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge