Rz. 746

Eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz erfordert i. d. R. eine Änderung der Arbeitsbedingungen und stellt daher eine Versetzung i. S. d. § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Diese bedarf in Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern einer Zustimmung des Betriebsrats (§ 99 BetrVG). Entsprechende Regelungen finden sich in § 75 BPersVG und den Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze. Verweigert der Betriebsrat nach § 99 BetrVG seine Zustimmung zu einer möglichen Versetzung, fehlt es an einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (BAG, Urteil v. 24.9.2015, 2 AZR 3/14[1]).

 

Rz. 747

Teilweise wird angenommen, der Arbeitgeber müsse bei einer Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zunächst versuchen, die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen; erst nach rechtskräftiger Ablehnung der Zustimmungsersetzung könne sodann eine Beendigungskündigung ausgesprochen werden. Fehle es an einem Ersetzungsverfahren, müsse die Wirksamkeit der Zustimmungsverweigerung im Kündigungsschutzprozess inzident geprüft werden.[2] Die Verpflichtung zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG geht jedoch zu weit und würde die Arbeitgeberpflichten überspannen.[3] Ein Abwarten einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zustimmungsersetzung würde die unternehmerische Organisationsentscheidung für einen zu langen Zeitraum sperren und ist daher nicht zumutbar. Soweit der zuständige Betriebsrat seine Zustimmung nach § 99 BetrVG verweigert hat, ist daher eine Weiterbeschäftigung nicht möglich.[4] Ist eine Weiterbeschäftigung nur auf einem Arbeitsplatz eines anderen Betriebs des Unternehmens möglich, müssen die Betriebsräte beider Betriebe ihre Zustimmung zur Versetzung bzw. Einstellung erteilen (BAG, Urteil v. 20.9.1990, 1 ABR 37/90[5]). Entsprechend sind beide Zustimmungen erforderlich, um eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit anzunehmen. Ähnliches nimmt das BAG in neuerer Rechtsprechung auch bei der Überprüfung einer Kündigung eines Schwerbehinderten an: Zwar hat der Schwerbehinderte nach § 164 Abs. 4 SGB IX einen weit gehenden Beschäftigungsanspruch; der Wirksamkeit einer Kündigung steht aber im Regelfall nicht entgegen, dass der Arbeitgeber zur Realisierung der Beschäftigung von der Durchführung eines gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG absieht (BAG, Urteil v. 22.9.2005, 2 AZR 519/04[6]). Die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens kann dem Arbeitgeber lediglich im laufenden Arbeitsverhältnis zuzumuten sein, solange das Vorliegen von Zustimmungsverweigerungsgründen nicht objektiv feststeht (BAG, Urteil v. 3.12.2002, 9 AZR 481/01[7]).

[1] NZA 2015 S. 1457.
[2] SPV/Preis, 11. Aufl. 2015, § 2 KSchG, Rz. 990.
[3] Ebenso BAG zur krankheitsbedingten Kündigung, BAG, Urteil v. 29.1.1997, 2 AZR 9/96; Löwisch/Spinner/Wertheimer, KSchG, 10. Aufl. 2013, § 1 KSchG, Rz. 353; KR/Griebeling/Rachor, 11. Aufl. 2016, § 1 KSchG, Rz. 223; APS/Kiel, 5. Aufl. 2017, § 1 KSchG, Rz. 587; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 279; Dornbusch/Wolff/Volk, KSchG, 2. Aufl. 2007, § 1 KSchG, Rz. 399.
[4] ErfK/Oetker, 18. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 257.
[5] AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 84, NZA 1991 S. 195.
[6] AP SGB IX § 81 Nr. 10, NZA 2006 S. 486.
[7] AP SGB IX § 81 Nr. 2, NZA 2003 S. 1215.

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