Rz. 620

Nach der Rechtsprechung des BAG ist in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer eine schlechte, fehlerhafte oder im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern qualitativ (BAG, Urteil v. 17.1.2008, 2 AZR 536/06[1]) oder quantitativ (BAG, Urteil v. 11.12.2003, 2 AZR 667/02[2]) geringere Leistung erbringt, zu differenzieren, woraus die Leistungsstörung resultiert. Insbesondere ist danach zu differenzieren, ob es sich um Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers handelt.

 

Rz. 621

Ob eine Leistung als Minderleistung anzusehen ist, beurteilt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Die geschuldete Arbeitsleistung wird dabei auch durch die Ausübung des Direktionsrechts einerseits und das subjektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers andererseits bestimmt. Das BAG hat dies mit der prägnanten Formel umschrieben: "Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann" (BAG, Urteil v. 11.12.2003, 2 AZR 667/02[3]).

 

Rz. 622

Die Leistungspflicht des Arbeitnehmers ist also nicht nach objektivem Maßstab zu bemessen und auch nicht starr für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses festzulegen (BAG, Urteil v. 17.1.2008, 2 AZR 536/06[4]). Sie ist vielmehr veränderlich je nach den Vorgaben des Arbeitgebers im Rahmen des Direktionsrechts und nach dem subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer muss dabei jedoch unter angemessener Ausschöpfung seiner jeweiligen persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten.

 

Rz. 623

Eine Kündigung kann dann personenbedingt gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht in vollem Umfang nachkommt, also nur unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, die keine angemessenen Gegenleistungen zur Vergütungszahlung mehr darstellen. Es ist jedoch für den Arbeitgeber häufig nicht leicht zu erkennen, worauf mangelhafte oder unterdurchschnittliche Leistungen beruhen. Allerdings kann die längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquote je nach Fehlerzahl, Art, Schwere und Folgen ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt (BAG, Urteil v. 17.1.2008, 2 AZR 536/06[5]). Wenn der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit bewusst nicht ausschöpft, liegt ein steuerbares Verhalten vor, das nach einschlägiger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung sozial rechtfertigen kann.

 
Hinweis

Der Arbeitnehmer ist i.  d.  R. im Fall einer steuerbaren quantitativen oder qualitativen Minderleistung abzumahnen. Abgemahnt werden sollte auch im Vorfeld einer personenbedingten Kündigung, weil der Arbeitgeber die Ursache der Leistungsminderung regelmäßig zunächst nicht kennen wird. Dabei ist zu beachten, dass keine Verpflichtung des Arbeitnehmers besteht, "durchschnittliche Produktionsergebnisse" zu erzielen. Die Aufforderung in einer Abmahnung ist daher darauf zu richten, die persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen und nicht, bestimmte Ergebnisse zu erzielen.[6]

 

Rz. 624

Die Bestimmung einer Minderleistung ist durch einen qualitativen oder quantitativen Vergleich mit den Leistungen vergleichbarer Arbeitnehmer vorzunehmen. Können die Leistungen quantitativ gemessen werden, muss sich das Leistungsniveau deutlich von dem der unterdurchschnittlich arbeitenden, aber noch ausreichend leistungsfähigen Arbeitnehmer unterscheiden. Die Rechtsprechung fordert dabei regelmäßig ein Unterschreiten der Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer um mindestens 1/3 bzw. das Überschreiten der durchschnittlichen Fehlerquote um ca. das 3-fache (LAG Nürnberg, Urteil v. 12.6.2007, 6 Sa 37/07[7]; LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 24.2.2010, 6 Sa 399/09[8]; BAG, Urteil v. 11.12.2003, 2 AZR 667/02[9]). Handelt es sich dagegen um qualitative Mängel, kann nicht nur auf die Anzahl der Fehler abgestellt werden, da i. d.  R. nicht alle vergleichbaren Arbeitsplätze dieselben qualitativen Anforderungen an die Arbeitnehmer stellen. Deshalb sind neben der Fehlerzahl auch die Art der Fehler, ihre Schwere und vor allem ihre Auswirkungen zu berücksichtigen.

 
Hinweis

Zur Vorbereitung einer personenbedingten Kündigung wegen Minderleistung muss der Arbeitgeber längerfristig die Leistungsdaten des betroffenen Arbeitnehmers und vergleichbarer Arbeitnehmer sammeln und in einen Bewertungszusammenhang bringen.

Weiterhin setzt eine Kündigung wegen Minderleistung voraus, dass auch künftig nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen ist und kein milderes Mittel zur Wiederherstellung dieses Gleichgewichts zur Verfügung steht. Ein milderes Mittel kann in einer Beschäftigung zu geänderten Vertragsbedingungen liegen, u. U. auch in einer Vergütungsreduzierung[10] sowie Umsetzung oder Versetzung bzw. in Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen.

 

Rz. 625

Schließlich ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, die das Schutzbedürfnis älterer und langjährig beschäftigter Arbeitnehmer berücksichtigen muss. Hat die Leistungsminderung ihre Ursache in einer unverschuldete...

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