Rz. 191

Auf der anderen Seite ist eine Kündigung nach § 242 BGB unwirksam nach Verzeihung des Fehlverhaltens oder Verzicht auf einen Kündigungsgrund sowie bei Verwirkung des Kündigungsrechts. Die unzulässige Rechtsausübung ist eine rechtsvernichtende Einwendung und im Prozess von Amts wegen zu beachten.

 

Rz. 192

Die Verzeihung ist eine sog. Gesinnungserklärung, die ausdrücklich oder konkludent erfolgen kann und aus der sich ergeben muss, dass der Kündigungsberechtigte über ein bestimmtes Fehlverhalten des Arbeitnehmers hinwegsehen und darauf keine Kündigung stützen will. Da es sich nicht um eine Willenserklärung handelt, scheidet eine Anfechtung aus.[1]

 

Rz. 193

Beim Verzicht macht der Arbeitgeber deutlich, dass er die angegebenen Kündigungsgründe nicht zur Begründung einer Kündigung heranziehen möchte. Da es sich hierbei um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt[2], ist eine Anfechtung denkbar.

Mit dem Ausspruch einer Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber i. d. R. zugleich auf das Recht zur Kündigung aus eben diesen Gründen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn nach §§ 133, 157 BGB der Abmahnung deutlich und unzweifelhaft zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Sache mit der Abmahnung als erledigt ansieht.[3] In diesem Fall kann er eine spätere Kündigung nicht allein auf die abgemahnten Gründe stützen, sondern hierauf nur unterstützend zurückgreifen, wenn weitere kündigungsrechtlich erhebliche Umstände eintreten oder ihm nachträglich bekannt werden.[4] Dieser Grundsatz gilt auch bei einer Abmahnung, die in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ausgesprochen wird.[5]

 

Rz. 194

Die Verwirkung des Rechts zur ordentlichen Kündigung setzt voraus, dass

  • der Arbeitgeber nach Kenntnisnahme vom Kündigungsgrund mit der Kündigung längere Zeit wartet (Zeitmoment),
  • der Arbeitnehmer sich nach dem gesamten Verhalten des Arbeitgebers darauf einstellen durfte, dass er von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch mehr machen wird (Vertrauensmoment)
  • und der Arbeitnehmer sich auch tatsächlich darauf eingestellt hat (Umstandsmoment).

Beim Zeitmoment ist zu beachten, dass das Gesetz für die ordentliche Kündigung gerade keine Frist vorsieht wie für die außerordentliche Kündigung in § 626 Abs. 2 BGB. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann aufgrund der eindeutigen Fristenregelung nicht nach den allgemeinen Grundsätzen verwirkt werden.[6]

[1] LKB/Krause, KSchG, § 1 KSchG Rz. 217.
[2] HaKo-KSchG/Pfeiffer, § 1 KSchG Rz. 187.
[6] Vgl. HaKo-KSchG/Gieseler, § 626 BGB Rz. 114.

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