1.1 Allgemeines zur Kündigung

1.1.1 Definition, ordentliche und außerordentliche Kündigung

 

Rz. 1

Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der jeder Vertragspartner auch gegen den Willen des anderen Teils ein Arbeitsverhältnis mit Wirkung für die Zukunft auflösen kann, vgl. § 620 Abs. 2 BGB.

Kündigt der Arbeitnehmer, spricht man von einer Eigenkündigung.[1]

 

Rz. 2

Man unterscheidet zwischen der ordentlichen Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist, die in § 622 BGB, in einem Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag bestimmt sein kann, und der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB, die fristlos oder unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist[2] ausgesprochen werden kann.

 

Rz. 3

Bei der ordentlichen Kündigung ist ein Kündigungsgrund grds. nicht erforderlich (Grundsatz der Kündigungsfreiheit). Wenn aber das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, ist die Kündigung durch den Arbeitgeber nur wirksam, wenn sie nicht sozial ungerechtfertigt ist, vgl. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 KSchG.

 

Rz. 4

Die außerordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kündigenden (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) unzumutbar macht, den Arbeitsvertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen, vgl. 626 Abs. 1, 314 Abs. 1 BGB.

Ein wichtiger Grund ist auch dann erforderlich, wenn das Kündigungsschutzgesetz (noch) nicht greift, also innerhalb der Wartezeit oder im Kleinbetrieb. Die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Betriebsgröße sind dann bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

Nach § 626 Abs. 2 BGB muss die außerordentliche Kündigung innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnisnahme vom wichtigen Grund erklärt werden (Kündigungserklärungsfrist). Bei Überschreiten der Frist wird unwiderlegbar vermutet, dass dem Kündigenden die Fortsetzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten ist.

Eine solche Erklärungsfrist gibt es für die ordentliche Kündigung grds. nicht (vgl. aber § 171 Abs. 3 SGB IX). Es ist jedoch zu beachten, dass der Arbeitgeber, der die ordentliche Kündigung begründen muss, wenn der Arbeitnehmer den Schutz des § 1 KSchG genießt, sich unter Umständen nicht mehr auf solche Gründe stützen kann, die schon zu lange zurückliegen (vgl. die Ausführungen zur Verwirkung des Kündigungsrechts unter Rz. 188 ff.).

 

Rz. 5

Jede Kündigung (durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer, ordentlich oder außerordentlich) bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, vgl. §§ 623, 126 BGB. Die elektronische Form nach § 126a BGB ist ausgeschlossen. Bei Formfehlern ist die Kündigung nach § 125 Satz 1 BGB nichtig.[3]

 

Rz. 6

Während das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht ausgeschlossen werden darf[4], kann ein Gesetz (vgl. § 15 Abs. 3 TzBfG), ein Kollektiv- oder Arbeitsvertrag den Ausschluss der ordentlichen Kündigung regeln.

 

Rz. 7

Das Kündigungsrecht des Arbeitgebers unterliegt zahlreichen Einschränkungen, da er nicht ohne Weiteres dem strukturell unterlegenen Arbeitnehmer die Existenzgrundlage entziehen soll.

 

Rz. 8

Man unterscheidet zwischen dem allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz. Den allgemeinen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG genießt jeder Arbeitnehmer, der in den sachlichen, betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt. Seine Kündigung muss dann durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt sein. Der besondere Kündigungsschutz gilt nur für bestimmte Arbeitnehmergruppen wie z. B. Schwangere und junge Mütter, schwerbehinderte Menschen, betriebliche Funktionsträger etc. (einen Überblick gibt die Checkliste, Rz. 317).

 

Rz. 9

Das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers ist durch das Gesetz kaum eingeschränkt. Durch Einzel- oder Tarifvertrag können weiter gehende Einschränkungen vorgenommen werden, soweit sie das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers nicht stärker beschneiden als das Kündigungsrecht des Arbeitgebers, vgl. § 622 Abs. 6 BGB.[5]

Die in einem vorformulierten Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer vorgesehene Kündigungsfrist kann auch dann unwirksam sein, wenn sie genauso lang ist wie die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber. Im Einzelfall ist abzuwägen, ob die Kündigungsfrist, die wesentlich länger ist als die Regelfrist in § 622 Abs. 1 BGB, eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Das ist z. B. der Fall, wenn die Kündigungsfrist 3 Jahre zum Monatsende betragen soll und die Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit nicht durch eine entsprechende Gehaltserhöhung kompensiert wird.[6]

[1] Eine Eigenkündigung ohne wichtigen Grund mit verkürzter Frist kann nur unter besonderen Umständen als Angebot zu einem Aufhebungsvertrag angesehen werden (BAG, Urteil v. 24.1.1985, 2 AZR 67/84). Die Unwirksamkeit der Eigenkündigung kann mit einer allgemeinen Feststellungsklage geltend gemacht werden; die §§ 4, 7 KSchG gelten nicht, vgl. BAG, Urteil v. 21.9.2017, 2 AZR 57/17. In diesem Fall hatte sich die Arbeitnehmerin darauf berufen, sie sei bei Ausspruch der Eigenkündigung geschäftsunfähig gewesen. Im Regelfall ist es jedoch treuwidrig, die Unwirksamkeit der schriftlichen Eigenkü...

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