3.1 Mitteilungspflicht des Arbeitgebers

 

Rz. 18

Das Anhörungsverfahren wird durch die Mitteilung der Kündigungsabsicht im Hinblick auf einen bestimmten Arbeitnehmer und die dafür maßgebenden Gründe eingeleitet (Abs. 1 Satz 2). Die Unterrichtung soll dem Betriebsrat den erforderlichen Kenntnisstand vermitteln, damit er – auch unter Rückgriff auf vorhandene Kenntnisse – die ihm in § 102 BetrVG eingeräumten Rechte bzgl. der konkret beabsichtigten Kündigung ausüben kann. Was der Betriebsrat bereits weiß, braucht ihm also nicht mitgeteilt zu werden.[1]

 

Beispiel

[2]

Kündigt der Arbeitgeber wegen wiederholten Zuspätkommens zur Arbeit, so kann er sich im Prozess auf betriebstypische Störungen des Betriebsablaufs auch dann berufen, wenn er diese Störungen dem Betriebsrat bei dessen Anhörung nicht ausdrücklich mitgeteilt hatte, weil solche Verspätungsfolgen dem Betriebsrat im Allgemeinen bekannt sind.

[1] BAG, Urteil v. 23.10.2008, 2 AZR 163/07, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18; BAG, Urteil v. 23.6.2009, 2 AZR 474/07, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47; vgl. weitergehend Hohmeister, NZA 1991, 209.
[2] Nach BAG, Urteil v. 27.2.1997, 2 AZR 302/96, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 36.

3.2 Mitteilung der Person des zu kündigenden Arbeitnehmers

 

Rz. 19

Die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers muss konkret bezeichnet werden, es sei denn, der Arbeitgeber überlässt dem Betriebsrat die Auswahl.[1] Sofern sie dem Betriebsrat nicht bekannt und für die Kündigung relevant sind[2], gehören zur Bezeichnung der Person die grundlegenden sozialen Daten des Arbeitnehmers, wie Alter, Familienstand, Kinderzahl, Beschäftigungsdauer sowie Umstände, die einen besonderen Kündigungsschutz begründen.[3] Die unzutreffende Mitteilung von Sozialdaten des zu kündigenden Arbeitnehmers ist unschädlich, wenn die Falschangabe nur versehentlich erfolgt, das Gremium ohne eigene Nachforschungen Kenntnis der zutreffenden Sozialdaten besitzt und es durch die abweichende Angabe nicht verunsichert wird.[4]

[1] LAG Berlin, Urteil v. 14.9.1981, 9 Sa 63/81, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 46.
[2] BAG, Urteil v. 13.5.2004, 2 AZR 329/03, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 140.
[3] Gilt i. d. R. nicht für Wartezeitkündigungen: BAG, Urteil v. 23.4.2009, 6 AZR 516/08, BB 2009, 1013.

3.3 Mitteilung der Kündigungsart

 

Rz. 20

Der Arbeitgeber muss mitteilen, ob er eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung oder eine Änderungskündigung aussprechen will.[1]

 

Rz. 21

Beabsichtigt der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung, so hat er Kündigungstermin und Kündigungsfrist mitzuteilen. Unschädlich ist die Angabe einer unrichtigen Kündigungsfrist oder eines unrichtigen Endtermins, zu dem die Kündigung wirksam werden kann.[2]

 
Hinweis

Will der Arbeitgeber neben einer außerordentlichen Kündigung vorsorglich eine ordentliche Kündigung aussprechen, so muss er darauf explizit hinweisen.[3] Die Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung ersetzt nicht die Anhörung zu einer hilfsweise vorgesehenen ordentlichen Kündigung[4], es sei denn, der Betriebsrat hat der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt[5]. Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung beabsichtigt, dann aber ohne erneute Anhörung eine außerordentliche Kündigung ausspricht. Eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung nach § 140 BGB ist nicht möglich.[6]

 

Rz. 22

Bei einer Änderungskündigung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat neben den Gründen für die Kündigung das Änderungsangebot mitteilen[7] sowie den Zeitpunkt, zu dem die Änderung der Arbeitsbedingungen wirksam werden soll[8]. Beabsichtigt der Arbeitgeber im Fall der Ablehnung des Änderungsangebots statt der Änderungskündigung eine Beendigungskündigung, so muss er dies im Anhörungsverfahren deutlich machen.[9]

[1] St. Rspr. des BAG seit BAG, Urteil v. 16.3.1978, 2 AZR 424/76, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 15; bestätigt durch BAG, Urteil v. 29.8.1991, 2 AZR 59/91, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 58.
[2] BAG, Urteil v. 29.1.1986, 7 AZR 257/84, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 42.
[3] BAG, Urteil v. 16.3.1978, 2 AZR 424/76, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 15.
[4] BAG, Urteil v. 29.8.1991, 2 AZR 59/91, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 58.
[5] BAG, Urteil v. 16.3.1978, 2 AZR 424/76, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 15.
[6] BAG, Urteil v. 12.8.1976, 2 AZR 311/75, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 10.
[8] Vgl. BAG, Urteil v. 29.3.1990, 2 AZR 420/89, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 56.
[9] Vgl. BAG, Urteil v. 30.1.1989, 2 AZR 197/89, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 53.

3.4 Mitteilung der Kündigungsgründe

 

Rz. 23

Der Arbeitgeber muss nur die Gründe mitteilen, die für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind.[1] Es gilt der Grundsatz der subjektiven Determination.[2]

 
Hinweis

Das BAG leitet mit der herrschenden Meinung[3] aus § 102 BetrVG den Grundsatz der sog. "subjektiven Determinierung" ab, demzufolge der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber ihm die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der Arbeitgeber muss de...

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