Rz. 32

Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit wird durch die fachliche Weisungsgebundenheit bei Erbringung der Arbeitsleistung konkretisiert, entsprechend der Rechtsprechung des BAG vor Inkrafttreten des § 611a BGB.[1] Das Gesetz spricht von einem Weisungsrecht bezüglich des Inhalts und der Durchführung der Tätigkeit. Dass der Dienstverpflichtete hinsichtlich seiner Arbeitsleistung dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, ist aber nur ein, wenn auch besonders wichtiges, Indiz für die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses. Für sich allein vermag es eine Arbeitnehmereigenschaft nicht belegen, denn auch ein durch einen freien Dienstvertrag Verpflichteter kann den Weisungen des Dienstgebers verpflichtet sein. Dies gilt selbst beim Werkvertrag, wie § 645 Abs. 1 BGB belegt. Damit die fachliche Weisungsgebundenheit ein Indiz bilden kann, müssen daher regelmäßig die Weisungen umfassend oder doch von einer gewissen Erheblichkeit sein und nicht nur den groben Rahmen vorgeben oder untergeordnete Teile der Tätigkeit betreffen.[2] Fehlt andererseits die fachliche Weisungsgebundenheit, so spricht auch dies nicht notwendigerweise gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Das gilt insb. bei Diensten höherer Art.[3] Die Art der Tätigkeit kann es mit sich bringen, dass dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit verbleibt. Die Besonderheit der zu leistenden Arbeit hat hier zur Folge, dass eine fachliche Weisungsgebundenheit nicht in Betracht kommt.[4] Ein Ausdruck fachlicher Weisungsgebundenheit sind Berichtspflichten oder sonstige Anzeigepflichten. Einer umfassenden Kontrolle unterliegt nur der Arbeitnehmer; der Selbstständige braucht sich Kontrollen nicht in gleichem Maße gefallen zu lassen.[5]

 

Rz. 33

Neben der fachlichen Weisungsgebundenheit hat die Rspr. auch auf eine Weisungsgebundenheit nach Ort und Zeit der Arbeitsleistung abgestellt.[6] Auch diese Kriterien sind nun in § 611a Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich aufgenommen. Es kann hierbei unmittelbar an das Vorbild des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB angeknüpft werden. Das BAG verneint deshalb bei freier Einteilung der Arbeitszeit häufig eine Arbeitnehmereigenschaft.[7] Wie die fachliche ist aber auch die Weisungsgebundenheit nach Ort und Zeit der Arbeitsleistung nur ein Indiz, kein bindendes Kriterium für die Anerkennung der Arbeitnehmereigenschaft. Der Annahme einer persönlichen Abhängigkeit steht es daher nicht entgegen, dass sich die Tätigkeit eines Mitarbeiters nicht nach Zeit und Ort festlegen lässt; es genügt, dass sie "aus anderen Gründen fremdbestimmte Arbeit leisten".[8] Eine zeitliche Weisungsgebundenheit kann auch aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls folgen. Dies ist jedoch dann nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass den Mitarbeitern ein erheblicher Spielraum verbleibt[9], denn auch im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen können davon dem Dienstberechtigten oder dem Besteller Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne dass daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für ein Arbeitsverhältnis regelmäßig kennzeichnend ist.[10]

 

Rz. 34

Die Aufnahme in Dienstpläne ist ein gewichtiges Indiz für eine zeitliche Weisungsgebundenheit, lässt jedoch nicht zwingend auf die Arbeitnehmereigenschaft schließen.[11] Die Weisungsgebundenheit braucht nicht rechtlich begründet zu sein, sondern kann auch faktisch sein. Wer eine Zuteilung oder eine zeitliche Anfrage des Dienstgebers nicht ablehnen kann, ohne den Bestand der Vertragsbeziehungen zu riskieren, der ist zeitlich weisungsgebunden.[12] Dies ist dann der Fall, wenn die ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm die Arbeiten letztlich also zugewiesen werden.[13] Missverständlich ist daher die Formulierung des BAG, ein lediglich faktischer Zwang berühre die Möglichkeit der freien Bestimmung der Arbeitszeit nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht, denn mit freier Bestimmung der Arbeitszeit ist nur die Freiheit gegenüber dem Unternehmer gemeint.[14] Entscheidend ist allein, ob der Dienstverpflichtete substanziellen Freiraum zur Gestaltung seiner Arbeitszeit hat. Werden Dienstpläne zwar vorgegeben, haben die Mitarbeiter aber die Möglichkeit, die geplanten Einsätze jederzeit untereinander zu tauschen oder ersatzlos abzugeben, so spricht dies gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.[15] Ein Mitarbeiter ist zudem nicht bereits deshalb Arbeitnehmer, weil er auf technische Einrichtungen und Personal des Vertragspartners angewiesen ist und aus diesem Grund etwa in Dispositions- und Raumbelegungspläne aufgenommen wird.[16] Das Gleiche gilt, wenn sich ein Vertreter in der Zeiteinteilung nach den Kundenwünschen richten muss.[17]

 

Rz. 35

Die örtliche Weisungsgebundenheit wird in der Rspr. des BAG stets im Zusammenhang mit der fachlichen und zeitlichen Weisungsgebundenheit be...

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