Rz. 19

Erste Voraussetzung der Arbeitnehmereigenschaft ist – ausweislich der Regelung des § 611a BGB – nach wie vor, dass die Verpflichtung zur Arbeitsleistung durch einen privatrechtlichen Vertrag begründet wird. Es ist für die Annahme der Arbeitnehmereigenschaft jedoch nicht entscheidend, ob der Arbeitsvertrag fehlerhaft zustande gekommen ist und daher nichtig ist oder angefochten wird. Auf einen Vertragsschluss kann allein dann verzichtet werden, wenn Arbeitsverhältnisse durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes begründet worden sind. Vorgesehen ist dies etwa in Art. 12a Abs. 3 Satz 1 GG i. V. m. § 10 Arbeitssicherstellungsgesetz[1] oder in § 10 AÜG. Hier wird der Vertragsschluss unter engen, verfassungsrechtlich zulässigen und gerichtlich überprüfbaren Voraussetzungen[2] durch Hoheitsakt oder vom Gesetz selbst ersetzt. Die dadurch entstehende Privatrechtsbeziehung wird gesetzlich ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet. Ein Arbeitsverhältnis wird jedoch noch nicht durch eine Rahmenvereinbarung begründet, die die Bedingungen eines noch abzuschließenden Arbeitsvertrags wiedergibt.[3]

[1] Vom 9.7.1968, BGBl. I S. 787.
[2] § 27 Abs. 1 ASiG.

3.3.4.1 Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse

 

Rz. 20

Nicht zu den Arbeitnehmern gehören damit die Beamten, Richter und Soldaten, deren Grundlage ein öffentlich-rechtliches Sonderstatusverhältnis ist.[1] Zivildienstleistende[2] werden auch aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Sonderverhältnisses tätig und sind daher keine Arbeitnehmer, auch wenn sie nicht-staatlichen Beschäftigungsstellen überlassen sind. Auch Freiwillige des Bundesfreiwilligendiensts sind keine Arbeitnehmer, allerdings finden auf sie nach §§ 13, 9 BDFG die Arbeitsschutzbestimmungen, das JArbSchG und das BUrlG sowie die Regeln der Arbeitnehmerhaftung entsprechend Anwendung.[3] Kein Arbeitnehmer ist auch derjenige, der Dienst im Rahmen des Jugendfreiwilligendiensts leistet; für ihn gelten arbeitsrechtliche Bestimmungen nur insoweit, als § 13 des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten[4] ihre Anwendung anordnet.[5] Keine Arbeitnehmer sind auch Strafgefangene[6], Fürsorgezöglinge und in Sicherungsverwahrung Genommene. Gehen Strafgefangene als Freigänger jedoch einem Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Anstalt nach, kann dies auch ein Arbeitsverhältnis sein.[7] Asylbewerber, die Tätigkeiten nach § 5 Asylbewerberleistungsgesetz ausüben, sind keine Arbeitnehmer.

 

Rz. 21

Lehrbeauftragte an Hochschulen, die mit bestimmten Lehrverpflichtungen im Semester betraut werden, stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis besonderer Art, wenn der Lehrauftrag durch eine einseitige Maßnahme der Hochschule erteilt wird.[8] Sofern die zugrunde liegenden Vorschriften der Hochschulgesetze dies zulassen, können allerdings die Rechtsverhältnisse mit Lehrbeauftragten auch privatrechtlich ausgestaltet werden.[9] Dies gilt auch für Professorenvertreter.[10] Auch Privatdozenten stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Hochschule.[11]

 

Rz. 22

ABM-Kräfte sind Arbeitnehmer.[12] Ein-Euro-Jobber – sind keine Arbeitnehmer.[13]

[2] § 25 WPflG i. V. m. dem Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (ZivildienstgesetzZDG) i. d. F. v. 28.9.1994, BGBl. I S. 2811.
[3] Spinner in MünchKomm, § 611a BGB, RZ 128.
[4] V. 16.5.2008, BGBl. I S. 842.
[6] BAG, Beschluss v. 3.10.1978, 6 ABR 46/76, DB 1979, S. 1186; siehe zu deren Entgeltanspruch Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss v. 15.7.2015, 3 Ws 59/15 Vollz, StraFO 2015, S. 395.
[11] BAG, Urteil v. 27.6.1984, 5 AZR 567/82, BAGE 46 S. 218 (223) zum Berliner Hochschulgesetz.
[13] BAG, Beschluss v. 2.10.2007, 1 ABR 60/06, NZA 2008, 244; Richardi/Thüsing in Richardi, § 7, Rz. 4.

3.3.4.2 Familiäre Mitarbeit

 

Rz. 23

An einem privatrechtlichen Vertrag fehlt es auch, wenn die Arbeitsleistung aufgrund familiärer Verbundenheit erbracht wird oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht Genüge getan wird.[1] Die Pflege von Familienangehörigen führt daher regelmäßig nicht zu einem Arbeitsverhältnis, jedenfalls wenn sie sich in den Grenzen hält, die durch familienrechtliche Beziehungen geprägt sind. Geht es darüber hinaus, kann ein Arbeitsverhältnis vorliegen, auch wenn eine Einigung über die Vergütung nicht vorliegt. Die Grenze ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen.[2]

 

Rz. 24

Ein Arbeitsverhältnis kann auch unter Ehegatten vereinbart werden. Hierfür ist nicht entscheidend, wie die Parteien nach außen hin auftreten. Es ist bei einem Ehegattenarbeitsvertrag geradezu üblich, dass nicht das Weisungsrecht im Vordergrund steht, sonde...

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