Rz. 27

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist der Kündigungsschutz im Kleinbetrieb durch das BAG näher ausgestaltet worden. In allgemeiner Weise formuliert es, eine Kündigung verstoße nur gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind; dabei ist[1] der durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vermittelte verfassungsrechtliche Schutz umso schwächer, je stärker die mit § 23 Abs. 1 KSchG geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen sind. Es gehe vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.[2] Nach der Rspr. des BAG scheidet der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt.[3] Einen derartigen Grund muss der Arbeitgeber freilich erst im Kündigungsschutzprozess vortragen; ein Verstoß gegen § 242 BGB kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil eine Kündigung ohne Angabe von Gründen ausgesprochen wird, denn der Arbeitgeber im Kleinbetrieb muss eine Kündigung nicht begründen (zur prozessualen Darlegungs- und Beweislast s. Rz. 35 und Rz. 49).[4]

 

Rz. 28

Der auf konkreten Umständen beruhende Vertrauensverlust gegenüber dem Arbeitnehmer vermag, soweit allgemeiner Kündigungsschutz nicht anwendbar ist, eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber auch dann zu rechtfertigen, wenn die Umstände, auf denen der Vertrauensverlust beruht, objektiv nicht zu verifizieren sind.[5] Nach Ansicht des BAG lag in dem entschiedenen Fall nicht fern, dass der Arbeitgeber das Vertrauen in die Loyalität der Arbeitnehmerin, die eine herausgehobene Position innehatte, verloren hatte, weil sie in engen persönlichen Beziehungen zu jemandem stand, der den Arbeitgeber wegen seiner geschäftlichen Aktivitäten vor Mitarbeitern deutlich kritisiert hatte. Der Willkürvorwurf schied aus, weil ein "irgendwie einleuchtender Grund" vorlag. Einen Verstoß gegen § 242 BGB verneinte das BAG[6] auch in einem Fall, in dem "erhebliche persönliche Spannungen" zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Vorgesetzten vorlagen, die "ein effektives Arbeiten" nicht mehr möglich machten.

 

Rz. 29

Die Wirksamkeit einer Kündigung aus Gründen in dem Verhalten des Arbeitnehmers setzt außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG i. d. R. nicht voraus, dass dem Arbeitnehmer zuvor eine vergebliche Abmahnung erteilt wurde.[7] Ein Verstoß gegen § 242 BGB lässt sich nicht daraus ableiten, dass der Kündigung keine vergebliche Abmahnung mit einem Hinweis auf die Gefährdung des Bestands des Arbeitsverhältnisses vorausging, denn das Abmahnungserfordernis sieht das BAG[8] im Anwendungsbereich des KSchG als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und Bestandteil des Kündigungsgrundes. Dem ist zuzustimmen. Der Ultima-Ratio-Grundsatz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG) als Geltungsgrund der Abmahnung ist im Fall des § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KSchG nicht anwendbar; eine universelle Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist dem Privatrecht fremd.

 

Rz. 30

Eine Kündigung verstößt auch nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht auf den fehlenden Kündigungsschutz hingewiesen hat, denn auch wenn ein solcher Hinweis erfolgen würde, hätte der Arbeitnehmer entweder den Arbeitsvertrag nicht oder gleichwohl abgeschlossen; in keinem der beiden Fälle aber bestünde allgemeiner Kündigungsschutz.[9]

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