Rz. 72

§ 623 Halbsatz 1 BGB bestimmt, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers sowie die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der (gesetzlichen) Schriftform (§ 126 BGB) bedarf. Mündlich ausgesprochene Kündigungen und mündlich vereinbarte Auflösungsverträge sind also unwirksam.

5.1 Ausschluss der elektronischen Form (§ 623 BGB Halbsatz 2)

 

Rz. 72a

Nach § 623 Halbsatz 2 BGB[1] ist die elektronische Form (§ 126a BGB)[2] bei Kündigungen und Aufhebungsverträgen abweichend von § 126 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Nicht ausreichend ist auch die Textform (§ 126b BGB). Daher reicht es nicht, wenn Kündigungserklärungen oder auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gerichtete Willenserklärungen per E-Mail[3], SMS, Telefax[4], Telegramm oder eingescannt als PDF abgegeben werden.[5]

 

Rz. 72b

Umstritten ist, ob die elektronische Form auch bei Kündigungen des Arbeitsverhältnisses bestimmter Personengruppen (wie von Schwangeren oder Auszubildenden) ausgeschlossen ist, bei denen es Sonderregelungen wie § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG bzw. § 22 Abs. 3 BBiG gibt, die neben der Schriftform (§ 126 BGB) die (schriftliche) Angabe des Kündigungsgrundes für die Wirksamkeit der Kündigung verlangen (vgl. Rz. 19). Sieht man das Schriftformerfordernis in diesen Regelungen lediglich als "deklaratorische" implizite Wiedergabe von § 623 BGB an, ist die elektronische Form (§ 126a BGB) ausgeschlossen.[6] Wortlaut, Systematik (arg. e contr. § 623 Halbsatz 2 BGB) sowie Sinn und Zweck der Formvorschriften (Rechtsklarheit) sprechen jedoch dafür, dass es sich bei § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG bzw. § 22 Abs. 3 BBiG um Sondervorschriften handelt, bei denen die allgemeine Regelung des § 126 Abs. 3 BGB gilt, wonach die schriftliche Form – mangels eines expliziten Ausschlusses der elektronischen Form – durch die elektronische Form (§ 126a BGB) ersetzt werden kann.[7]

[1] Eingeführt durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts v. 13.7.2001, BGBl. I S. 1542.
[2] Zur elektronischen Form im Arbeitsrecht näher Fehr/Wichert, DB 2022, 255; Patora/Neugebauer, BB 2022, 564; Worobjow, BB 2023, 564.
[5] ErfK/Müller-Glöge, § 623 BGB, Rz. 12.
[6] Gotthardt/Beck, NZA 2002, 876, 877; Patora/Neugebauer, BB 2022, 562, 568.
[7] MüKo-BGB/Henssler, 9. Aufl. 2023, § 623 Rz. 9 f.; APS/Rolfs, § 17 MuSchG Rz. 143.

5.2 5.2 Gesetzliche Schriftform (§ 126 BGB)

 

Rz. 73

Die gesetzliche Schriftform wird nach § 126 Abs. 1 Alt. 1 BGB dadurch erfüllt, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet wird. Zur Einhaltung der Schriftform des § 623 BGB muss die Kündigung also nach § 126 Abs. 1 BGB vom Erklärenden eigenhändig unterschrieben und – da es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt – in dieser Form auch dem Erklärungsempfänger nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugehen.[1]

5.2.1 Unterschrift

 

Rz. 74

Die Schriftform ist insoweit eine "Unterschriftsform". Unerheblich ist, von wem oder wie (z. B. handschriftlich, maschinenschriftlich, vorgedruckt, kopiert) der Text geschrieben wird. Entscheidend ist die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers. Das Erfordernis der "Unterschrift" verlangt, dass die Unterzeichnung durch den Aussteller unter dem Text steht und den Inhalt der Erklärung räumlich abschließt.[1] Besteht die formbedürftige Erklärung aus mehreren Blättern, muss deren Zusammengehörigkeit erkennbar sein, sodass sie eine einheitliche Urkunde bilden. Dazu ist eine körperliche Verbindung nicht zwingend erforderlich; vielmehr genügt es, wenn sich die Einheitlichkeit der Urkunde aus fortlaufender Paginierung, fortlaufender Nummerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher grafischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt.[2] Wie gesagt muss die Unterschrift am Ende der einheitlichen Urkunde stehen und den formbedürftigen Teil des Textes abdecken.

[1] BAG, Urteil v. 19.4.2007, 2 AZR 208/06, NZA 2007, 1227, Rz. 20; Grüneberg/Ellenberger, 83. Aufl. 2024, § 126 BGB, Rz. 6 m. w. N.

5.2.2 Eigenhändigkeit der Unterschrift

 

Rz. 75

Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift hat den Zweck, dass die Identität des Ausstellers festgestellt und die Echtheit der Erklärung verifiziert werden kann (Identitäts-, Echtheits- und Verifikationsfunktion)[1]). "Eigenhändigkeit" der Unterschrift bedeutet, dass eine durch Stempel, Faksimile oder Computer gefertigte Kopie der Unterschrift der Schriftform nicht genügt.[2] Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verlangt nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser soll nur identifiziert werden können. Hierzu bedarf ...

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