Rz. 17

Die Länge der Kündigungsfrist hängt von der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers ab, d. h. von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses, unabhängig von der tatsächlichen Beschäftigung.[1] Auch Zeiten der Freistellung sind deshalb einzurechnen. Die Beschäftigungsdauer ist der Zeitraum zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Zugang der Kündigung. Nicht entscheidend ist das Ende des Arbeitsverhältnisses, also der Kündigungstermin, denn er ist seinerseits gerade abhängig von der Beschäftigungsdauer.[2]

Ein dem Arbeitsverhältnis vorangegangenes Ausbildungsverhältnis ist bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Zeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres.[3]

 

Rz. 18

Eine Ausnahme besteht allerdings im Fall einer – grds. zulässigen – vorzeitigen Kündigung (s. Rz. 10 f.). Kündigt der Arbeitgeber allein deshalb vorzeitig, um eine kürzere Kündigungsfrist zu genießen oder den Eintritt einer (tariflichen) Unkündbarkeit zu umgehen, kann u. U. der Rechtsgedanke des § 162 BGB herangezogen werden mit der Folge, dass sich der Arbeitgeber nicht auf die kürzere Kündigungsfrist oder die (noch) bestehende ordentliche Kündbarkeit des Arbeitnehmers berufen kann.[4]

 

Rz. 19

Wurde das Arbeitsverhältnis unterbrochen, sind die Zeiten der früheren Beschäftigung hinzuzuzählen, wenn eine solche Addition entweder tarif- oder einzelvertraglich geregelt ist[5] oder zwischen den Beschäftigungsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht[6]. Je länger die Unterbrechung dauerte, desto stärker muss dieser Zusammenhang sein; insoweit gilt das Gleiche wie bei § 1 Abs. 1 KSchG.[7] Fehlt eine zeitliche Unterbrechung, sind die Beschäftigungszeiten auch zu addieren, wenn sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses geändert hatte.[8]

Gleiches gilt bei einem Betriebsübergang, wenn die Identität des Betriebs gewahrt ist.[9]

In jedem Fall muss es sich aber um echte Arbeitsverhältnisse handeln, Zeiten der Beschäftigung als freier Mitarbeiter bleiben außen vor. Zeiten der Berufsausbildung sind hingegen zu berücksichtigen.[10]

 
Hinweis

Die Frage des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs ist stets eine Frage des Einzelfalls. Als Faustregel kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Unterbrechung von mehr als 3 Wochen nur in Ausnahmefällen ein enger Zusammenhang besteht.[11]

 

Rz. 20

Die ursprünglich in Abs. 2 Satz 2 enthaltene Regelung nach der Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt werden, hatte der EuGH erwartungsgemäß für europarechtswidrig erklärt.[12] Das BAG war dieser Rechtsprechung gefolgt, hielt die Regelung für unanwendbar und hat zudem Vertrauensschutz ausdrücklich verneint.[13]

Es hat lange gedauert, bis die Regelung schließlich durch das Qualifizierungschancengesetz v. 18.12.2018[14] mit Wirkung zum 1.1.2019 aufgehoben wurde.

 

Rz. 21

Soweit sich ältere Tarifverträge noch auf § 622 Abs. 2 Satz 2 a. F. beziehen oder eine gleichlautende, eigenständige Regelung treffen, sind solche Regelungen unanwendbar. Sofern ein Tarifvertrag rein deklaratorisch (statisch) auf § 622 Abs. 2 Satz 2 a. F. verweist, geht dieser Verweis ins Leere, da die Norm aufgehoben worden ist. Sollte es sich – ausnahmsweise – um eine eigenständige, konstitutive Regelung handeln, ist diese nach § 7 Abs. 2, Abs. 1 AGG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG altersdiskriminierend und aus diesem Grunde unwirksam.[15] In jedem Fall sind Zeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigen.

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