Ein weiterer Aspekt umfasst die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung zum Thema Karriere.

Die Forschungen rund um das Thema Karriere füllen ganze Bibliotheken und beleuchten die verschiedensten Detailaspekte des Themas:

  • Was ist Karriere?
  • Welche Erwartungen werden an Karriere geknüpft?
  • Wie sind Karrieresysteme auszugestalten, damit diese einen bestmöglichen "fit" zu den individuellen Erwartungen darstellen?

Eine besondere Bedeutung in diesem Forschungsstrang ist Douglas Hall beizumessen, welcher mit dem Ansatz der "protheischen Karriere" wesentliche Parameter skizziert, welche sich bereits heute abzeichnen und in naher Zukunft dieses Sujet prägen werden. Im letzten Kapitel seines Buches "Careers in Organizations"[1] hat Douglas Hall den Begriff der proteischen Karriere eingeführt. Diese Art von Karriere, die er beschreibt, ist weniger von der Organisation abhängig, als der traditionelle Karriereweg. Vielmehr ist u. a. der Begriff "Wachstum" und die subjektive Entscheidung, was als Erfolg zu werten ist, bedeutsamer als objektive Kriterien wie zum Beispiel die hierarchische Position oder das Einkommen.

Der Gedanke des Wachstums ohne objektive Kriterien war damals noch sehr visionär, denn der theoretisch prägende Gedanke für Karriere in Organisationen war an das Konzept des "organization man" orientiert, d. h. Personen waren in diesem Verständnis Teile eines Systems, die zusammenwirken und nach Aufstieg streben.

In den letzten Jahren hat der Begriff der proteischen Karriere zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen, es scheint, als wären die damals skizzierten Aspekte des von Hall definierten "psychologischen Erfolgs" auf organisatorische Rahmenbedingungen gestoßen und treffen inzwischen sehr genau den Nerv der neu in das Arbeitsleben startenden Generation[2].

Was bedeutet dies nun konkret?

Das reine Bildungsangebot und die klassische Aufwärtsbeförderung ist ein Aspekt, dem allerdings abnehmende Bedeutung zugeschrieben wird. Hall formuliert die Transition der bislang noch primär durch die Organisation gesteuerten Karriere hin zu einer künftig eher konstruktivistischen, selbstgesteuerten – eben proteischen – Karriere. Diese Entwicklung wird gekennzeichnet durch einen Paradigmenwechsel, den er mit drei Aspekten kennzeichnet[3]:

  • vom "Work Self" zum "Whole Self"
  • von der Arbeitsplatzsicherheit zur Beschäftigungssicherheit
  • vom Know-how zum Learn-how.

Von der Arbeitsplatzsicherheit zur Beschäftigungssicherheit

Gerade unter der Prämisse der sich verändernden Beschäftigungsstrukturen und der Abnahme der Bedeutung des klassischen psychologischen Vertrags (Arbeitsplatzsicherheit gegen Arbeitnehmerloyalität), wird künftig der Arbeitgeber attraktiv sein und Mitarbeiter binden, der für eine kontinuierliche Beschäftigungsfähigkeit auf dem in- und externen Arbeitsmarkt Sorge trägt, zum Beispiel durch die Übertragung von Aufgaben mit individuell relevantem Entwicklungspotenzial und der Gelegenheit, arbeitsmarktrelevante Expertise zu generieren.

Vom "Work Self" zum "Whole Self"

Mit der Transition vom bezeichnet Hall im Kern den Paradigmenwechsel von der Entwicklung des Menschen in seiner professionellen Rolle hin zu einer ganzheitlichen Entwicklung des Individuums. Die Berücksichtigung individueller Motive, Interessen und Bedürfnisse wird zunehmend zum erfolgskritischen Aspekt der subjektiven Attraktivität von Karriere und Entwicklungsangeboten, die eine Organisation vorhält.

Vom Know-how zum Learn-how

Die hohe Volatilität der (Arbeits-)Märkte und die Halbwertszeit des Wissens kann täglich erlebt werden. Statt nur Qualifikation und Wissensvermittlung anzubieten, wird die Unterstützung dabei, sich rasch neue Herausforderungen, neue Arbeits- und Wissensinhalte sowie die Umsetzung in Erfolg und (Lern-)Verhalten zu erschließen, künftig zunehmend von Bedeutung sein und auch Einfluss auf die Wahl eines Arbeitgebers oder einer Aufgabe bzw. Rolle haben.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Kern der proteischen Karriere ist der "psychologische Erfolg". Dieser lässt sich im Wesentlichen im Setzen von persönlich bedeutsamen Zielen, in der persönlichen Anstrengung, eben diese zu erreichen, und schließlich in der individuellen Wahrnehmung und Bewertung der Zielerreichung zusammenfassen – mit dem Ergebnis der Zufriedenheit mit der persönlichen und beruflichen Entwicklung.

Während sich eine klassische Karriere an den extrinsischen Anreizen, also den von der Organisation vorgegebenen Aspekten einer Karriere (Position in der Hierarchie, Entgelt, Verantwortung …), orientiert, ist die proteische Karriere in erster Linie durch intrinsische Motive geprägt. Das Ziel der proteischen Karriere ist ein subjektiver – "psychologischer" – Erfolg. Somit ist evident, dass diese Art der Karriere in erster Linie von der Person selbst und nicht mehr von der Organisation bestimmt und definiert ist.

Für die Bestimmung des individuellen Berufserfolgs kommen allerding nicht ausschließlich subjektive, intrinsisch motivierte Kriterien zum Tragen. Auch objektive, äußere Rahmenbedingungen ...

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