2.4.1 Mehrleistungen (Abs. 5)

 

Rz. 21

Die durch das TSVG (vgl. Rz. 5) erstmals kodifizierte Mehrkostenregelung in Abs. 5 will sicherstellen, dass Versicherte, die statt der medizinisch indizierten und nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichenden und zweckmäßigen kieferorthopädischen Leistung eine andere Behandlungsalternativen wählen, grundsätzlich ihren Sachleistungsanspruch behalten. Mehrleistungen in diesem Sinne sind nach Satz 1 Leistungen, die den im einheitlichen Bewertungsmaßstab (BEMA) für zahnärztliche Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistungen vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder durch die eingesetzten Behandlungsmittel (zum Beispiel durch die eingesetzten Materialien) unterscheiden. Mit dem Kriterium der Vergleichbarkeit im Hinblick auf die im BEMA abgebildeten kieferorthopädische Leistungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im BEMA die Arten der Durchführung der kieferorthopädischen Behandlung und die zu verwendenden Behandlungsmittel nicht abschließend beschrieben sind. Gleichzeitig soll die Innovationsoffenheit des Leistungsbereiches nicht beeinträchtigt werden (so amtl. Begr. BT-Drs 19/6337, S. 88).

 

Rz. 22

Nach Satz 2 rechnet der Vertragsarzt gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung die vergleichbaren im einheitlichen BEMA für die zahnärztliche Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistung als Sachleistung ab. Die Kosten sind Bestandteil der Gesamtvergütung nach § 85. Die Versicherten müssen den Differenzbetrag zu den Kosten der gewählten Behandlungsalternative aus eigenen Mitteln erbringen. Die Regelungen in den Abs. 2 und 3 gelten gemäß Satz 5 entsprechend. Der Versicherte trägt demnach auch bei Inanspruchnahme von Mehrleistungen im Hinblick auf die als Sachleistung abzurechnen Kosten den gesetzlichen Eigenanteil.

2.4.2 Zusatzleistungen (Abs. 6 Satz 2)

 

Rz. 23

Von den Mehrleistungen sind Zusatzleistungen im Sinne von Abs. 6 Satz 2 zu unterscheiden. Zusatzleistungen sind solche zahnärztlichen kieferorthopädischen Leistungen, die von den im BEMA für zahnärztliche Leistungen beschriebene Leistung in einem Maße abweichen, dass mit ihrer Durchführung die Leistungsbeschreibungen des BEMA für zahnärztliche Leistungen nicht mehr erfüllt sind. Unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes dürfen Zusatzleistungen nicht zulasten der Krankenkasse erbracht werden. Die Kosten für Zusatzleistungen sind daher vom Versicherten in voller Höhe selbst zu tragen.

2.4.3 Katalog der Mehrleistungen (Abs. 6 Satz 1 und 3)

 

Rz. 24

Zur Verbesserung der Transparenz und näheren Konkretisierung der nicht im BEMA für zahnärztliche Leistungen abgebildeten Leistungen verpflichtet Abs. 6 Satz 1 den Bewertungsausschuss für die zahnärztlichen Leistungen, bis zum 31.12.2022 einen Katalog von Leistungen, die als Mehrleistungen vereinbart und abgerechnet werden können, zu beschließen. Dabei kann der Bewertungsausschuss nach Abs. 6 Satz 2 die nicht im Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen benennen, die nicht als Mehrleistungen anzusehen sind (sog. Zusatzleistungen). Soweit aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen im BEMA enthaltenen Leistungen und Mehrleistungen eine Konkretisierung der BEMA-Leistung erforderlich ist, kann diese durch den Bewertungsausschuss vorgenommen werden (Satz 3).

2.4.4 Schriftliche Vereinbarung (Abs. 7)

 

Rz. 25

Abs. 7 verpflichtet den behandelnden Zahnarzt vor der Erbringung von Mehrleistungen oder Zusatzleistungen im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung, den Versicherten vor Beginn der Behandlung über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen mündlich aufzuklären. Ferner ist zur Wahrung der Transparenz eine schriftliche oder elektronischen Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen, in der die von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteile und die vom Versicherten zu tragenden Kostenanteile aufgeschlüsselt nach Leistungen gegenübergestellt werden (Satz 1). Das gesetzliche Schriftformerfordernis dient neben den Beweiszwecken für den Zahnarzt über die erfolgte Aufklärung dazu, den Versicherten rechtzeitig und vollständig über die zu erwartenden zusätzlichen finanziellen Belastungen zu informieren. Nach Satz 2 ist mit der Vereinbarung eine schriftliche oder elektronische Erklärung des Versicherten zu verknüpfen, dass er über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung auf der Grundlage des BEMA aufgeklärt worden ist. Den Bundesmantelvertragspartnern wird aufgegeben, für die schriftliche Vereinbarung nach Satz 1 und für die Erklärung des Versicherten nach Satz 2 verbindliche Formularvordrucke zu vereinbaren. Gleichzeitig sollen sie den Zeitpunkt bestimmen, ab dem diese verbindlich zu verwenden sind (Satz 3). Bis zur Erstellung der Vordrucke und der Festlegung des Zeitpunktes ob liegt es dem Zahnarzt, im Zusammenwirken mit dem Versicherten Information und Aufklärung schriftlich zu dokumentieren.

 

Rz. 26

Der Gesetzgeber verweist in der amtlichen Begründung (BT-Drs 19/6337 S. 88) auf die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Informationspflichten aus § 630c Abs. 2 und 3 u...

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