0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 53b ist durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung v.  23.10.2012 (BGBl. I S. 2246) mit Wirkung zum 30.10.2012 in Kraft getreten. Zum 1.1.2017 wurden durch Art. 1 Nr. 14b des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) in Abs. 2 Nr. 2 die Worte "einer Pflegestufe" durch "einem Pflegegrad" ersetzt. Aufgrund des Art. 10 des Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) v. 14.12.2019 (BGBl. I S. 22789) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2020 schließlich in § 53a überführt. Darüber hinaus wurden in Abs. 2 Nr. 2 die Worte "der Krankenversicherung" gestrichen, um die nunmehr vorgenommene organisatorische Lösung des Medizinischen Dienstes von den Krankenkassen auch sprachlich nachzuvollziehen.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung zielte der Gesetzgeber auf eine stärkere Dienstleistungsorientierung des Begutachtungsverfahrens ab. Das Verfahren sollte transparenter und zügiger gestaltet werden (BT-Drs. 17/9369 S. 20). Dazu wurde der Pflegeversicherung die Möglichkeit eingeräumt, statt des Medizinischen Dienstes (MD) nunmehr auch unabhängige Gutachter mit der Durchführung der Begutachtung zu beauftragen (§ 18 Abs. 1 Satz 1), um die im SGB XI für die Begutachtung geregelten Fristen einhalten zu können (BT-Drs. 17/9369 S. 36). Während § 97d die datenschutzrechtlichen Regelungen enthält, sieht § 53a die Schaffung von verbindlichen Richtlinien für die Begutachtung durch unabhängige Gutachter vor. Insoweit ist die amtliche Überschrift allerdings irreführend. Denn die Norm sieht eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Richtlinien durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen vor. Ziel des Gesetzgebers ist es, durch die Richtlinienvorgaben eine einheitliche Begutachtung zu gewährleisten (BT-Drs. 17/9369 S. 44).

2 Rechtspraxis

2.1 Erlass und Bindungswirkung

 

Rz. 3

Nach Abs. 1 Satz 1 sollte der Spitzenverband Bund bis zum 31.3.2013 Richtlinien zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit anderen unabhängigen Gutachtern im Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit erlassen. Entsprechende Richtlinien sind verspätet am 6.5.2013 erlassen und zum 11.6.2013 in Kraft getreten.

Die Richtlinien bedürfen nach Abs. 3 der Zustimmung durch das Bundesministerium für Gesundheit, was auch für zukünftige Änderungen gilt

 

Rz. 4

Die Richtlinien sind gemäß Abs. 1 Satz 2 für die Pflegekassen verbindlich. Von der Anordnung der Verbindlichkeit sind nach dem Wortlaut die unabhängigen Gutachter nicht erfasst. Dies überzeugt nicht, weil einerseits § 53a die Verbindlichkeit der Richtlinien für den MDK vorsieht, wobei auch die dortige Regelung u. a. das Ziel einer einheitlichen Begutachtungspraxis verfolgt. Andererseits können entgegen des missverständlichen Wortlauts des Abs. 1 Satz 1 ("Regelungen zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit anderen unabhängigen Gutachtern") nach Abs. 2 nicht nur Anforderungen und Bestimmungen bezüglich der Zusammenarbeit getroffen werden. Vielmehr können Bedingungen an die Qualifikation der Gutachter (Nr. 1) sowie zur Sicherstellung der Anwendung eines einheitlichen Prüfungsmaßstabes (Nr. 2) definiert werden. Dann muss aber gerade auch der Gutachter selbst der Bindungswirkung der Richtlinien unterfallen (ebenso Knittel, in: Krauskopf, SGB XI, 108. EL, § 53a Rz. 4; a. A. Bassen, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 5.Aufl., § 53b Rz. 3, der lediglich von einer mittelbaren Wirkung aufgrund des Verlustes von Folgeaufträgen ausgeht). Die Richtlinien gehen insoweit einen anderen Weg, indem sie in Punkt 4 die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sowie der Vorgaben der Begutachtungsrichtlinien durch die Aufnahme entsprechender vertraglicher Regelungen mit dem unabhängigen Gutachter bzw. mit der Gutachterin vorsehen.

2.2 Wesentlicher Inhalt der Richtlinien

 

Rz. 5

Nach Abs. 2 regeln die Richtlinien insbesondere Folgendes:

  1. die Anforderungen an die Qualifikation und die Unabhängigkeit der Gutachter,
  2. das Verfahren, mit dem sichergestellt wird, dass die von den Pflegekassen beauftragten unabhängigen Gutachter bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und bei der Zuordnung zu einer Pflegestufe dieselben Maßstäbe wie der MD anlegen,
  3. die Sicherstellung der Dienstleistungsorientierung im Begutachtungsverfahren und
  4. die Einbeziehung der Gutachten der von den Pflegekassen beauftragten Gutachter in das Qualitätssicherungsverfahren der Medizinischen Dienste.

Der Wortlaut ("insbesondere") macht deutlich, dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handelt. Der Spitzenverband kann daher auch andere Fragen in den Richtlinien regeln, soweit sie sich auf Begutachtungen durch unabhängige Gutachter im Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit beziehen. Von wesentlicher Bedeutung dürften dabei die Regelungen zum Verfahren nach Nr. 2 sowie die Anforderungen an die Qualifikation und die Unabhängigkeit der Gutachter nach Nr. 1 sein.

In den Richtlinien des Spitzenverbandes zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit anderen unab...

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