Rz. 20

Um auszuschließen, dass sich der Arbeitgeber seiner finanziellen Verpflichtungen wegen der Schwangerschaft/Entbindung entzieht, darf er das Arbeitsverhältnis einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung nicht kündigen. Gleiches gilt bei einer Fehlgeburt, die nach Ablauf der 12. Schwangerschaftswoche eintrat (§ 17 Abs. 1 MuSchG).

Nimmt die junge Mutter im Anschluss an die Entbindung die Elternzeit in Anspruch, gilt das Kündigungsverbot des Arbeitgebers sogar während der gesamten Zeit der Elternzeit (bis 3 Jahre nach der Entbindung; vgl. § 18 i. V. m. § 15 Abs. 2 BEEG). In diesem Fall gilt für die Zeit nach der Entbindung das 4-monatige Kündigungsverbot des § 17 MuSchG parallel neben dem des § 18 BEEG.

Auch während der Probezeit besteht grundsätzlich der Kündigungsschutz; in diesem Fall darf einer schwangeren Arbeitnehmerin bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung nicht gekündigt werden – und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber behauptet, dass die Frau für den Arbeitsplatz nicht geeignet ist.

Wenn sich eine Arbeitnehmerin, der vom Arbeitgeber unrechtmäßig gekündigt wurde, gegen die Unwirksamkeit einer Kündigung nicht wehrt, gilt die Kündigung nach Ablauf der Klagefrist als wirksam (Fiktion des § 7 KSchG).

 

Rz. 21

Eine Kündigung i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG liegt nicht vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch

  • vertragliche Auflösung (z. B. Auflösungsvertrag bzw. unterzeichnete Ausgleichsquittung; vgl. BAG, Urteil v. 10.5.1984, 2 AZR 112/83) oder
  • Zeitablauf (z. B. Zeitarbeitsvertrag oder Beendigung des Ausbildungsverhältnisses wegen Bestehens der Abschlussprüfung) oder
  • Kündigung seitens der Arbeitnehmerin

endet. In diesen Fällen endet das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Kündigung durch den Arbeitgeber, sodass es ohne besondere Zustimmung einer Aufsichts- bzw. Landesbehörde zu einer rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt. Es handelt sich in diesen Fällen nicht um eine zulässige Auflösung des Arbeitsverhältnisses, obwohl das Arbeitsverhältnis jeweils rechtskräftig endet.

Im Fall einer Abwehraussperrung handelt es sich nicht um eine zulässige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, da das Arbeitsverhältnis vielmehr bestehen bleibt. Nach dem Ende des Arbeitskampfes ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine ausgesperrte Frau, die im Zeitpunkt der Aussperrung unter Mutterschutz stand, wieder einzustellen (BAG, Urteil v. 25.1.1963, 1 AZR 288/62; BAG, Urteil v. 21.4.1971, GS 1/68).

Gleiches gilt bei Streik oder anderen Arbeitskampfmaßnahmen; sie führen i. d. R. nicht zu einer zulässigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Spricht ein Arbeitgeber eine Kündigung in Unkenntnis der Schwangerschaft aus, gilt das Arbeitsverhältnis als beendet, wenn die Frau auch nach Erhalt der Kündigung dem Arbeitgeber die Schwangerschaft schuldhaft nicht innerhalb von 2 Wochen mitteilt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG). Länger als 2 Wochen kann die Frau nicht warten, um dem Arbeitgeber die Schwangerschaft mitzuteilen, es sei denn, die weitere Verzögerung beruht auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund (z. B. die Frau erfährt von der Schwangerschaft unverschuldet selbst erst nach Ablauf der 14-tägigen Frist). Im Streitfall ist die Arbeitnehmerin darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sie die Frist ohne ihr Verschulden versäumt hat (vgl. BAG, Urteil v. 13.1.1982, 7 AZR 764/79).

Bei einer schuldhaft unterlassenen Mitteilung der Arbeitnehmerin bei Aussprache der Kündigung durch den Arbeitgeber handelt es sich nicht um eine zulässige Auflösung des Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 17 Abs. 2 MuSchG (BSG, Urteil v. 10.9.1975, 3 RK 12/74), obgleich das Arbeitsverhältnis rechtswirksam endet. Mit der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet automatisch auch der sozialversicherungsrechtliche Mutterschutz, sodass die Frau eine wichtige Voraussetzung für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld – nämlich die Eigenschaft als Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Beginns der Schutzfrist – ggf. nicht mehr erfüllt.

Wird eine Frau erst nach Zugang der Kündigung schwanger, gilt das Kündigungsverbot nicht – in diesem Fall besteht kein Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz.

 

Rz. 22

Das Besondere an einer zulässigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist, dass der Anspruch auf Mutterschaftsgeld trotz beendetem Arbeitsverhältnis bestehen bleibt (§ 24i Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V i. V. m. § 17 Abs. 2 MuSchG).

Eine zulässige Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist durch den Arbeitgeber nur nach Durchführung eines entsprechenden Verfahrens möglich, und zwar nachdem die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde einer Kündigung/Auflösung schriftlich zugestimmt hat (§ 17 Abs. 2 MuSchG). Als zuständige Landesbehörde in diesem Sinne gilt in

  • Baden-Württemberg die örtlich zuständigen Regierungspräsidien,
  • Bayern die Gewerbeaufsichtsämter bei den Bezirksregierungen,
  • Berlin das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit,
  • Brande...

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