Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Ruhen des Krankengeldanspruchs. Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Tatsachenmitteilung. Zugang bei der Krankenkasse. anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal. Beweislast des Versicherten. Meldefrist von einer Woche. Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Tag der ärztlichen Feststellung. Beginn und Ende der Meldefrist. keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Meldung der AU ist nach stRspr des BSG eine Tatsachenmitteilung, die telefonisch, schriftlich, mündlich oder auch in elektronischer Form erfolgen kann. Sie ist in entsprechender Anwendung von § 130 Abs 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist.

2. Der rechtzeitige Zugang ist ein anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal, dass von dem Versicherten im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen werden muss.

3. Das nach Halbsatz 1 des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V regelmäßige Ruhen des Krankengeldanspruchs knüpft grundsätzlich an den negativen Tatbestand ("solange ... nicht gemeldet wird") an, und bewirkt mit der im nachfolgenden Halbsatz 2 geregelten "Heilungsmöglichkeit" mittelbar eine Meldefrist von einer Woche (Noftz in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar, SGB V, Stand August 2015, Rn 63).

4. Aus dem Zusammenspiel der Regelungen in §§ 44 Abs 1, 46 S 1 Nr 2 und S 2, § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V folgt, dass das in Halbsatz 2 des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V verwendete Tatbestandsmerkmal "Beginn der Arbeitsunfähigkeit" entgegen dem Wortlaut so zu verstehen ist, dass hiermit tatsächlich der Tag der ärztlichen Feststellung gemeint, dh das zur Berechnung der Meldefrist maßgeblich auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen ist.

5. Die Meldefrist iS des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V beginnt unter Heranziehung der Berechnungsvorschriften des § 26 Abs 1 und 3 SGB X iVm §§ 187 Abs 1 und 188 Abs 2 BGB mit dem Tage, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt, und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die ärztliche Feststellung erfolgt ist - bzw am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- und Feiertag.

 

Orientierungssatz

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist mit dem Sinn und Zweck des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB 5 nicht vereinbar. Bei der Wochenfrist, innerhalb derer die Meldung der Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Krankenkasse erfolgen muss, handelt es sich um eine Ausschlussfrist (vgl BSG vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R = SozR 4-2500 § 49 Nr 8 RdNr 18).

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Fortzahlung von Krankengeld - hier ein Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 7. bis 13. Dezember 2017 auf der Grundlage von § 49 Abs. 1 Nr. 5 des Fünften Soziallgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger bezog ausweislich des Bescheides vom 5. Juli 2017 seit dem 18. April 2017 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 45,40 € (brutto bzw. nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 39,90 €). Zuletzt zahlte die Beklagte unter Berücksichtigung der durch seinen behandelnden Orthopäden am 20. Oktober 2017 ausgestellten Folgebescheinigung, mit der ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 6. Dezember 2017 attestiert worden war, Krankengeld bis zu diesem Termin.

Nachdem bei der Beklagten ausweislich eines handschriftlich angebrachten Vermerks am 14. Dezember 2017 die am 6. Dezember 2017 ausgestellte Folgebescheinigung des Orthopäden eingegangen war, mit der der behandelnde Arzt ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. Januar 2018 attestiert hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 mit, dass der Krankengeldanspruch des Klägers deswegen für die Zeit vom 7. Dezember 2017 bis zum 13. Dezember 2017 ruhen würde.

Hiergegen erhob der Kläger am 4. Januar 2018 ausweislich der in den Verwaltungsakten befindlichen Gesprächsnotiz mündlich Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, dass er die AU-Bescheinigung am Folgetag (7. Dezember) bei der Firma Nordbrief zur Zustellung eingesteckt habe. Insoweit verweist er auf die beigefügte Sendungs-Detail-Übersicht des vorgenannten Postdienstleisters.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung - auf die im Übrigen gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird - führte die Beklagte unter Verweis auf die gesetzlichen Vorgaben in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V im Wesentlichen an, dass die Meldung der Arbeitsunfähigkeit die Pflicht des Versicherten sei, die Meldefrist von einer Woche unter Berücksichtigung des Eingangs der Arbeitsunfähigkeit am 14. Dezember 2017 versäumt worden sei, und auch der geltend gemachte rechtzeitige Versand die Zahlung von Krankengeld nicht begründen könne, weil auf das Datum des tatsächlichen Eingangs abzustellen sei.

Mit der am 13. Juni 2018 ...

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