Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Drittes Buch (SGB III) geführt. Es ist zwischen den Beteiligten das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches wegen Entlassungsentschädigung streitig.

Die am XX.XX.XXXX geborene Klägerin war seit 01.08.1988 zunächst bei der Firma P. GmbH, später - nach Betriebsübergang - bei der Firma D. GmbH beschäftigt. Wegen eines vom bisherigen Arbeitgeber angekündigten Personalabbaus suchte sie frühzeitig nach einer neuen Arbeitsstelle. Am 23.12.2019 schloss sie einen Arbeitsvertrag beim I. e.V., wonach sie zunächst ab dem 01.01.2020 im Rahmen einer Nebentätigkeit von 8 Stunden pro Woche eingearbeitet werden sollte. Zum 01.04.2020 sollte dieser Arbeitsvertrag nach den mündlichen Absprachen vereinbarungsgemäß auf Vollzeit aufgestockt werden und die Vergütung entsprechend der verabredeten Bereichsleiterposition angehoben werden. Am 06.02.2020 schloss die Klägerin mit ihrem bisherigen Arbeitgeber gegen Entlassungsentschädigung in Höhe von 187.603,92 EUR einen Aufhebungsvertrag zum 30.09.2020 bei sofortiger Freistellung von der Arbeit. Zu diesem Zeitpunkt betrug die ordentliche Kündigungsfrist für den Arbeitgeber sieben Monate zum Monatsende. Der Aufhebungsvertrag enthielt unter § 3 eine sogenannte "Turbo-Klausel". Danach kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auch vor Ablauf des vereinbarten Zeitpunktes beenden. Er erhält dann zusätzlich zur Abfindung noch 50% derjenigen Bruttovergütung, die er bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hätte beanspruchen können.

Die Klägerin vereinbarte mit ihrem bisherigen Arbeitgeber wegen der vom neuen Arbeitgeber mündlich zugesagten Bereichsleiterstelle unter Berufung auf die "Turbo-Klausel" eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages bereits zum 31.03.2020. Sie erhielt dadurch insgesamt eine Entlassungsentschädigung in Höhe von 207.303,290 EUR. Im zeitlichen Kontext der beginnenden Corona-Pandemie sprach der neue Arbeitgeber jedoch sodann noch während der Probezeit die Kündigung der Nebentätigkeit zum 30.04.2020 aus. Die mündlich zugesagte Erhöhung auf eine Vollzeitstelle erledigte sich dadurch ebenfalls.

Am 01.04.2020 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld bei der Beklagten. Dieses wurde ab 01.10.2020 mit kalendertäglich 64,66 EUR vorläufig bewilligt.

Mit Bescheid vom 08.06.2020 stellte die Beklagte das Ruhen des Leistungsanspruches vom 01.04.2020 bis 30.09.2020 fest. Die Klägerin habe eine Entlassungsentschädigung erhalten und die ordentliche Kündigungsfrist sei verkürzt worden.

Im dagegen erhobenen Widerspruch berief sich die Klägerin darauf, dass sie bei Abschluss des Aufhebungsvertrages bzw. bei Inanspruchnahme der "Turbo-Klausel" nicht damit habe rechnen können, dass sie arbeitslos werde. Außerdem hätte sie im vorliegenden Fall die Entlassungsentschädigung auch dann erhalten, wenn die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten worden wäre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf die Gründe, aus denen das Arbeitsverhältnis beendet worden sei, komme es nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht an. Es sei auch unerheblich, ob die Klägerin auf eine neue Beschäftigung vertraut habe. Bei Einhaltung der Kündigungsfrist hätte das Arbeitsverhältnis mit dem vormaligen Arbeitgeber noch bis zum 30.09.2020 gedauert. Der Aufhebungsvertrag habe diese Frist verkürzt.

Am 22.12.2020 hat die Klägerin beim Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben. Sie begehrt die Aufhebung des Ruhens und Arbeitslosengeld auch im Zeitraum 01.04.2020 bis 30.09.2020 nebst Zinsen. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass es Zweck der Regelung in § 158 SGB III sei, Doppelleistungen und Manipulationsmöglichkeiten zu vermeiden. Die Abfindung habe sie - anders als vom Gesetz vorgesehen - nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist erhalten. Vielmehr hätte sie unabhängig von der verkürzten Kündigungsfrist eine Entlassungsentschädigung erhalten. Dieser Fall sei nicht von § 158 SGB III erfasst.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 08.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2020 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 15.06.2020 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.09.2020 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe samt Zinsen nach § 44 SGB I zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die im Widerspruchsbescheid bereits gegebene Begründung.

Das Gericht hat die Beteiligten unter Fristsetzung zu der beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angehört. Die Leistungsakte der Beklagten ist beigezogen worden. Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird hierauf verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begr...

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