Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. arbeitsvertragswidriges Verhalten. Aufhebungsvertrag. kein wichtiger Grund. drohende fristlose verhaltensbedingte rechtmäßige Kündigung. private Nutzung von Sozialdaten durch Jobcenter-Mitarbeiter. kein Abmahnerfordernis

 

Orientierungssatz

Ein wichtiger Grund iS von § 144 Abs 1 S 1 SGB 3 für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag lässt sich nicht annehmen, wenn ein in einem Jobcenter beschäftigter Arbeitnehmer Anlass für die Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses in Form einer außerordentlichen Kündigung durch seinen Arbeitgeber ohne eine erforderliche vorherige Abmahnung mit der Folge einer möglichen Sperrzeit im Sinne des § 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 3 gibt, weil er Daten, die einzig zur Verwendung im Rahmen deren gesetzlicher Ermächtigung (SGB 2) bestimmt waren, ausdruckt und für private Zwecke verwendet, obwohl weder eine dienstliche Veranlassung noch eine Genehmigung eines solchen Verhaltens vorliegt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit in der Zeit vom 1. August 2010 bis 23. Oktober 2010 nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Der 1974 geborene Kläger meldete sich am 16. Juli 2010 persönlich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 1. August 2010. Er hatte in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Juli 2010 als Büroangestellter der Stadt A-Stadt bei dem X-Jobcenter gearbeitet. Hierbei handelte es sich um ein bis zum 31. Dezember 2010 befristetes Arbeitsverhältnis, welches durch Aufhebungsvertrag vom 14. Juli 2010 beendet wurde. Auf Blatt 220 der Verwaltungsakte der Beklagten wird Bezug genommen. Der Kläger hatte zwei Datensätze von Kunden des X-Jobcenter, die nicht seinem Zuständigkeitsbereich angehörten, aufgerufen, ausgedruckt und für private Zwecke verwendet. Hierbei handelte es sich um die Daten des Herrn Y und eines Bekannten des Klägers, mit welchem er sich um die Entlohnung einer Mitfahrgelegenheit stritt. Die Polizei wurde auf diesen Vorgang aufmerksam und durchsuchte das Büro des Klägers. Im Zuge dessen wurde der Kläger in Handschellen aus dem Büro abgeführt.

Auf dem formularmäßigen “Fragebogen bei eigener Kündigung oder Aufhebungsvertrag„ führte der Kläger aus, dass ihm seine Arbeitgeberin die Wahl zwischen einer fristlosen Kündigung oder einem Auflösungsvertrag gegeben habe. Im Hinblick auf sein weiteres berufliches Fortkommen habe er sich für den Auflösungsvertrag entschieden. Auf Blatt 218 der Verwaltungsakte der Beklagten wird Bezug genommen. Im Übrigen führte der behandelnde Allgemeinmediziner des Klägers, Dr. med. S., am 5. August 2010 gegenüber der Beklagten aus, dass die Konfrontation mit der Polizei auf dem Arbeitsplatz zu einer Verschlechterung der Depression bei dem Kläger geführt habe. Aus seiner Sicht sei die Beschäftigung an dem gegenwärtigen Arbeitsplatz nicht mehr möglich. Ansonsten bestehe keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Auf Blatt 222 der Verwaltungsakte der Beklagten wird Bezug genommen. Im Übrigen nahm die Beklagte telefonisch Kontakt mit der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers auf, welche unter dem 24. August 2010 ausführte, dass der Kläger bei seiner Einstellung unterschrieben habe, dass er Datensätze nur für dienstliche Zwecke benutzen würde. Dies habe er missachtet, weswegen ihm die fristlose Kündigung angedroht wurde.

Mit Bescheid vom 26. August 2010 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit in der Zeit vom 1. August 2010 bis 23. Oktober 2010 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis bei der Stadt A-Stadt durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst. Auf Blatt 239 der Verwaltungsakte der Beklagten wird Bezug genommen.

Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 3. September 2010 Widerspruch und führte aus, dass die Kündigung nachteilige Folgen für den weiteren Berufsweg des Klägers gehabt hätte. Unter dieser Voraussetzung habe er die Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen können.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine drohende außerordentliche Kündigung wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens rechtfertige nicht den Abschluss eines Aufhebungsvertrages im vorliegenden Kontext.

Hiergegen richtet sich die unter dem 17. November 2010 bei dem hiesigen Gericht erhobene Klage, mit welcher sich der Kläger weiterhin gegen den Eintritt einer Sperrzeit wendet.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld in der Zeit vom 1. August 2010 bis 23. Oktober 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich im...

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