Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. Verfügbarkeit. Beschäftigungslosigkeit. Gastschauspieler. versicherungspflichtige Beschäftigung. vorstellungsfreie Zeiten. Abmeldung aus dem Leistungsbezug für Vorstellungstage

 

Orientierungssatz

1. Die Wertung der einzelnen Vorstellungstage eines Schauspielers im Rahmen eines Gastspielvertrages als versicherungspflichtige Beschäftigung schließt die Arbeitslosigkeit iS des Nicht-Beschäftigt-Seins in den Zwischenzeiten ohne Vorstellungstermin nicht aus.

2. Grundsätzlich ist ein Künstler befugt, sich für den einen Tag des Arbeitseinsatzes, der unter der Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Wochenstunden liegt, aus dem Leistungsbezug abzumelden.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 1.2.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.2.2016 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 16.11.2015 bis zum 23.2.2016 Arbeitslosengeld zu gewähren, soweit er in diesem Zeitraum keine Vorstellungstermine absolvieren musste.

Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) trotz bestehenden Schauspieler-Gastvertrages.

Der Kläger ist als Schauspieler für diverse Theater und für den Film beschäftigt. Auf eine Arbeitslosmeldung zum 8.12.2014 hatte er als Nachweis für Beschäftigungen, für die ua. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet wurden, vorgelegt:

- Arbeitsbescheinigung des D. B. über eine Beschäftigung als Gastschauspieler vom 15.7.2013 bis zum 4.7.2014 sowie vom 12.8.2014 bis zum 31.12.2014

- Arbeitsbescheinigung des Schauspiels L. über eine Beschäftigung als Gastschauspieler vom 5.11.2012 bis zum 12.5.2013

- Arbeitsbescheinigungen der Fa. N. über Einsätze als Darsteller vom 27.10. bis zum 30.10.2013, am 12.2.2014, vom 17.2. bis zum 19.2.2014 sowie am 25.2.2013

- Arbeitsbescheinigung des Schauspiels D. über eine Beschäftigung als Schauspieler vom 18.11.2013 bis zum 3.7.2014

- Meldebescheinigung des N. Staatstheaters H. über eine Mehrfachbeschäftigung im Zeitraum 21.1. bis 18.7.2014

Unter Berücksichtigung des 31.12.2014 als dem vom D. genannten Befristungsende der dortigen Beschäftigung bewilligte die Beklagte vorläufig Alg ab 1.1.2015 für die Dauer von 300 Tagen, vorbehaltlich der Prüfung einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchend-Meldung.

Mit Fax vom 30.1.2015 hatte sich der Kläger wegen einer Beschäftigung am Schauspiel B. in der Zeit vom 2.2. bis zum 26.3.2015 aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet und die einzige Vorstellung am D. B. im Dezember 2014 (am 17.12.2014, vergütet laut Gehaltsabrechnung mit 300 € brutto) als Nebentätigkeit angezeigt.

Am 16.11.2015 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Für einzelne Auftritte im Rahmen eines Gastvertrages hatte das D. B. versicherungspflichtige Entgelte bescheinigt, wobei die Abrechnung monatsweise erfolgen müsse.

Der Kläger hatte sich für eine Vorstellung am 27.1.2016 aus dem Alg-Bezug abgemeldet.

Die Beklagte lehnte den Alg-Antrag nach Anforderung des Gastvertrages, der den Kläger für die Spielzeit 2015/2016 (bis zum 31.7.2016) zu einzelnen Vorstellungen in dem Stück "XXX" verpflichtet, mit der Begründung ab, der Kläger sei wegen des noch laufenden Gastvertrages nicht arbeitslos (Bescheid vom 1.2.2016).

Hiergegen wandte der Kläger unter Bezugnahme auf Bescheinigungen des D. B. ein, er sei nur für die Proben und einzelne Vorstellungen zur Arbeitsleistung verpflichtet, im Übrigen unterliege er keinen Bindungen.

Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 29.2.2016 hat der Kläger am 30. März 2016 Klage auf Gewährung von Alg erhoben.

Er macht geltend, nur während der Probezeiten und an den einzelnen Vorstellungstagen dem Betrieb des Theaters eingegliedert zu sein.

Während zum Beispiel das Theater H. - wo der Kläger seit dem 22.2.2016 ebenfalls im Rahmen eines Gastvertrages verpflichtet ist - in der Arbeitsbescheinigung nur die einzelnen Vorstellungstage ausweise, könne das D. nach dortiger Auskunft nur monatsweise  abrechnen, was aber nichts an der nur zeitweise bestehenden Bindung ändere; zur Bekräftigung legt der Kläger ein Schreiben der Rechtsabteilung des D. vom 2.11.2016 vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1.2.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.2.2016 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16.11.2015 bis zum 23.2.2016 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagtenvertreterin beantragt,

die Klage abzuweisen, ggf die Berufung zuzulassen.

Zum übrigen Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die vom D erstellte Tabelle der seit November 2015 absolvierten Vorstellungen und die beigezogene Leistungsakte verwiesen sowie das vom Kläger im Termin am 4.11.2016 eingereichte Schreiben des D. (Rechtsauskunft).

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Alg unter Berücksichtigung der Probezeiten und d...

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