Rz. 31

Die Verpflichtung zur Erstattung der vom Leistungsberechtigten verauslagten Kosten bezieht sich nur auf Sach- und Dienstleistungen aus dem Bereich der Teilhabeleistungen, also aus dem Bereich, für den die Zuständigkeitsregelungen des § 14 anzuwenden sind. Dementsprechend kann der nach § 18 vorgesehene Kostenerstattungsanspruch nur für solche selbstbeschafften Leistungen zum Tragen kommen, die dem eingereichten Antrag unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips (Rz. 9) entsprechen und von ihrem Zweck her dem Teilhabe-Leistungsspektrum des zuständigen Rehabilitationsträgers zuzuordnen sind. Wurde im Antrag eine spezielle, genau definierte Leistung benannt, kann sich der Leistungsberechtigte auch nur diese spezielle Leistung selbst beschaffen. Das bedeutet, dass bei einem Antrag auf Versorgung mit einem Hilfsmittel, auf dem genau eine Hilfsmittel-Nr. aus dem Hilfsmittelverzeichnis angegeben ist, auch nur dieses eine, genau bestimmte Hilfsmittel selbst beschafft werden kann.

War dagegen in dem Teilhabeantrag die gewünschte Leistung hinsichtlich ihrer Art, Form oder Weise nicht exakt definiert, hat der Leistungsberechtigte eine größere Auswahl, wie er seinen Teilhabebedarf decken und welche Leistung er sich selbst beschaffen will - vorausgesetzt, der Leistungsantrag war hinreichend bestimmt (vgl. Rz. 9). Hatte somit der Leistungsberechtigte die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl wegen Lähmung der unteren Extremitäten und Teillähmung der oberen Extremitäten ohne Angabe von weiteren Einzelheiten beantragt, kann er im Rahmen der zulasten des Rehabilitationsträgers durchzuführenden Selbstbeschaffung der Leistung wählen, welchen geeigneten Elektrorollstuhl er sich beschafft.

Maßgeblich für die Kostenerstattung sind grundsätzlich die verauslagten "Kauf"-Kosten in der tatsächlich angefallenen Höhe. Eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie Zweckmäßigkeit der selbst beschafften Leistung ist nicht vorzunehmen, weil dem Leistungsberechtigten nicht zugemutet werden kann, sich im Rehabilitations- und Teilhaberecht auszukennen (vgl. Gesetzesbegründung unter Rz. 2 sowie LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.12.2018, L 8 R 4195/18 ER-B). Ihm kann z. B. auch nicht entgegengehalten werden

  • dass er sich die selbstbeschaffte Leistung bei Nicht-Vertragseinrichtungen und -diensten besorgt hat.
  • dass er als Privatperson einen höheren Preis zahlen musste als der Rehabilitationsträger bei rechtzeitiger Entscheidung.
  • dass die vom Rehabilitanden beschaffte Leistung aus Sicht des Rehabilitationsträgers viel zu teuer eingekauft wurde. Der Grund: Der Rehabilitand muss lediglich die ihm offensichtlichen und zumutbaren Möglichkeiten der wirtschaftlichen Handlungsweise nutzen; beweispflichtig für den Verstoß gegen diese vom Rehabilitanden bewusste (vorsätzliche) Unwirtschaftlichkeit ist der Rehabilitationsträger.
  • dass das ausgewählte Hilfsmittel (z. B. Hörgerät) teurer als der nach § 36 SGB V festgesetzte Festbetrag ist.
  • dass der Rehabilitationsträger anstatt einer stationären Leistungsform eine ambulante gewählt hat.
  • dass der Leistungsberechtigte keine Kostenangebote verschiedener Leistungserbringer eingeholt und verglichen hat.
  • dass sich der Leistungsberechtigte eine Rehabilitationseinrichtung bzw. einen Rehabilitationsdienst an einem Ort ausgesucht hat, der weit von seinem Wohnort entfernt ist, sofern er für die weite Entfernung Gründe angibt, die aus seiner Sicht nachvollziehbar sind (in diesen Fällen sind die Reisekosten nach § 73 bis zu dem vom Rehabilitanden selbstgewählten Rehabilitationsort zu erstatten).

Der Kostenerstattungsanspruch erstreckt sich bei den selbstbeschafften Leistungen nicht nur auf die Hauptleistung (z. B. stationäre Rehabilitationsleistung), sondern im Rahmen der Grundsätze des oben erwähnten Meistbegünstigungsprinzips auch auf die damit verbundenen notwendigen SGB-Nebenleistungen (z. B. Fahrkosten, Haushaltshilfe; vgl. BSG, Urteil v. 28.2.2008, B 1 KR 19/07 R). Beschafft sich der Leistungsberechtigte allerdings eine Leistung, die nicht vom Rehabilitations- bzw. Teilhabeantrag erfasst wurde (z. B. Zubehör zum Rollstuhl, welches nicht Gegenstand des Antrags war), besteht für diesen Teil kein Anspruch auf Erstattung der Kosten.

Der Kostenerstattungsanspruch mindert sich allerdings um

  • mögliche Zuzahlungen (z. B. § 40 Abs. 5 und 6 SGB V) oder
  • Eigenanteile (z. B. Eigenanteil bei der Versorgung mit orthopädischen Schuhen),

wenn diese auch bei der Versorgung als Naturalleistungen i. S. d. § 11 SGB I angefallen wären (vgl. auch BSG, Urteile v. 8.3.2016, B 1 KR 25/15 R, sowie v. 11.7.2017, B 1 KR 1/17 R). Nach der Gesetzesbegründung (vgl. Rz. 2) hat die Erstattungsregelung nämlich den Zweck, den Berechtigten so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger oder rechtmäßiger Gewährung einer gesetzlichen Leistung stehen würde. Entsprechendes gilt für den bei einer Versorgung mit Zahnersatz gemäß § 55 SGB V vom Versicherten zu übernehmenden Eigenanteil, sofern der Zahnersatz ausnahmsweise in Verbindung mit einer Teilhabeleistung...

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