Rz. 16

Vertragspartner sind die Träger der Eingliederungshilfe und die Leistungserbringer (Abs. 1 Satz 1) oder der Verband, dem der Leistungserbringer angehört (Abs. 1 Satz 2). Verbände der Träger der Eingliederungshilfe sind nicht abschlussberechtigt.

Abs. 1 Satz 1 konkretisiert den zuständigen Vertragspartner auf Seiten des Trägers der Eingliederungshilfe, wonach der für den Ort der Leistungserbringung zuständige Träger Vertragspartner ist. Die zuständigen Träger der Eingliederungshilfe werden durch § 94 SGB XII (i. d. F. des Art. 1 BTHG) i. V. m. den Landesausführungsgesetzen bestimmt, wobei die sachliche Zuständigkeit (örtlicher oder überörtlicher Träger) allein in den Landesausführungsgesetzen bestimmt wird (im Gegensatz zum Sozialhilferecht des SGB XII, vgl. § 97 SGB XII).

Nach neuer Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 8.3.2017, B 8 SO 20/15 R, Rz. 18, SozR 4-3500 § 77 Nr. 3) zur mit Abs. 1 Satz 1 vergleichbaren Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (i. d. F. bis zum 31.12.2019, stellt auf den Sitz der Einrichtung ab) kann aus der Festlegung der sachlichen Leistungszuständigkeit ein mittelbarer Rückschluss auf die Zuständigkeit zum Vertragsabschluss nicht geschlossen werden. Das Urteil ist problematisch, da ein Auseinanderfallen von sachlicher Zuständigkeit hinsichtlich der Leistungserbringung und der Vertragsabschlusskompetenz nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen nicht gewollt sein kann. Siefert spekuliert, dass § 95 Satz 2 SGB IX (Sicherstellungsauftrag) eine Zuständigkeitsregelung für den Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern über Fachleistungen der Eingliederungshilfe enthalten könnte, die bislang nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 8.3.2017, B 8 SO 20/15 R, SozR 4-3500 § 77 Nr. 3) ausdrücklich nicht im SGB XII enthalten war, räumt aber ein, dass sich die Norm auch als allgemeiner Auftrag deuten ließe (Siefert, jurisPR-SozR 7/2017 Anm. 1 C. I.). Im Hinblick auf das Verbot der Aufgabenübertragung auf Gemeinden und Gemeindeverbände durch den Bundesgesetzgeber (Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG) geht diese Ansicht fehl. Der Bundesgesetzgeber konnte in § 95 Satz 2 SGB IX keine sachliche Zuständigkeitsregelung vornehmen. Aufgrund des Urteils ist den Ländern anzuraten, in ihren Ausführungsgesetzen eine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung zum Abschluss von Vereinbarungen auch nach den §§ 123 ff. SGB IX zu normieren.

Der Gesetzgeber definiert den Begriff "Leistungserbringer" erstmals und verzichtet auf die bisherige Begrifflichkeit "Einrichtung und Dienst". Danach greift das Vertragsrecht, wenn Leistungen – wie üblich - durch Dritte, also nicht durch den Träger der Eingliederungshilfe, erbracht werden. Ein Leistungserbringer ist eine unter verantwortlicher Trägerschaft zusammengefasste Organisation, die über einen festangestellten Personalstamm verfügt, auf gewisse Dauer angelegt ist und Leistungen nach Teil 2 SGB IX (Art. 1 BTHG) ggf. unter Einsatz von Sachmitteln erbringt (vgl. auch Definitionsversuch des BR in der Stellungnahme zum Entwurf eines BTHG der Bundesregierung BR-Drs. 18/9954 S. 42).

 

Rz. 17

Jeder Leistungserbringer hat einen rechtlichen Träger. Dieser kann eine natürliche oder juristische Person sowohl des Privatrechts als auch des öffentlichen Rechts sein. Gängige Praxis ist, dass ein Träger mehrere Einrichtungen betreibt (z. B. die großen Wohlfahrtsverbände oder Kirchen). Der Träger wird aus den vertraglichen Vereinbarungen berechtigt und verpflichtet, wobei sich der Regelungsgehalt der Vereinbarung auf die jeweilige Einrichtung erstreckt (vgl. Freudenberg, in: Jung, SGB XII, § 75 Rz. 11a).

Keine Leistungserbringer i. S. v. § 123 sind Anbieter, die Ihr Leistungsangebot auf Bedarfe beschränken, die keine Leistungen nach dem Teil 2 SGB IX decken. Das sind Anbieter, die sich in erster Linie darauf beschränken, Unterkunft und Verpflegung zu gewähren, ohne auch Leistungen der Eingliederungshilfe zu gewähren (z. B. reine Altenwohnheime, Blindenwohnheime; vgl. Freudenberg, in: Jung, SGB XII, § 75 Rz. 12).

 

Rz. 18

Abs. 3 stellt klar, dass private oder öffentliche Arbeitgeber, die im Rahmen der Leistungsform des Budgets für Arbeit einem Leistungsberechtigten als Alternative zu einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis anbieten (§ 61) keine Leistungserbringer sind. Diese sind lediglich Beteiligte an einer dem Leistungsberechtigten zugedachten Teilhabeleistung (Lohnkostenzuschuss aus Mitteln der Eingliederungshilfe). Anders als eine Werkstatt für behinderte Menschen erbringt der private oder öffentliche Arbeitgeber selbst aber keine Teilhabeleistung, die vom Träger der Eingliederungshilfe auf Basis einer Vereinbarung nach den §§ 123 ff. vergütet wird. Insoweit kann der Träger der Eingliederungshilfe keinen Einfluss auf die nähere Ausgestaltung des zwischen dem Arbeitgeber und dem Menschen mit Behinderung nach Abschluss des Arbeitsvertrages bestehenden Rechtsverhältnisses nehmen. Auch kann er den Abschluss des aus Mitt...

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