0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurden die Vorschriften des SGB IX mit Wirkung zum 1.1.2020 neu gefasst. Die Vorgängervorschrift des § 140 SGB XII wurde gemäß Art. 12 Nr. 7 i.V.m. Art. 26 BTHG als Übergangsregelung für die Zeit vom 1.1.2018 bis zum 31.12.2019 als 17. Kapitel des SGB XII eingefügt. Sie ist gemäß Art 13 Nr. 41 BTHG am 1.1.2020 außer Kraft getreten. Vor dem 1.1.2018 waren Regelungen zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. §§ 33 und 41 SGB XII und in § 56 SGB XII geregelt. § 54 SGB XII verweist nunmehr auf den ab 1.1.2020 geltenden (neuen) § 140 SGB XII; § 56 SGB XII wurde gestrichen.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Mit dem BTHG werden die zuvor im SGB XII normierten Regelungen zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ins SGB IX eingeordnet. Dabei handelt es sich um Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen nach § 58. Hinzu kommen nun die Leistungen anderer Anbieter nach § 60, das Wahlrecht der Menschen mit Behinderung nach § 62 und das Budget für Arbeit nach § 61. Dies sah bereits die Übergangsregelung des § 140 SGB XII a. F. für den Zeitraum ab 1.1.2018 vor. Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten gemäß § 99 Personen nach § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII und §§ 1 bis 3 Eingliederungshilfe-Verordnung. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an erwerbsfähige Personen werden im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses in der Kranken-, Unfall- oder Rentenversicherung oder aufgrund der Leistungsberechtigung nach dem SGB II erbracht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Arbeitsleistung im kaufmännischen Sinne gewinnbringend ist oder der Versicherte durch sie ein bestimmtes Mindesteinkommen erzielt. Ausschlaggebend und ausreichend ist, dass das Produkt der Arbeitsleistung wirtschaftlichen Wert besitzt, sich also z. B. als Ware verkaufen lässt (BSG, Urteil v. 22.9.1981, 1 RJ 12/80; Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. § 111 Rz. 13).

2 Rechtspraxis

2.1 Leistungsberechtigte Personen

 

Rz. 3

Der Kreis der leistungsberechtigten Personen wird in § 111 nicht benannt. Diese Personen müssen die Voraussetzungen nach § 58 Abs. 1 Satz 1 erfüllen. D.h., sie müssen einerseits so schwerwiegend eingeschränkt sein, dass für sie wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschließlich eines Inklusionsbetriebes oder eine berufliche Bildung nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 bis 5 nicht, noch nicht oder nicht wieder in Betracht kommt. Andererseits müssen sie in der Lage sein, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.

2.2 Leistungen zur Beschäftigung

 

Rz. 4

Die Leistungen zur Beschäftigung, die Leistungsberechtigten zur Förderung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht werden können, werden in Abs. 1 Nr. 1 bis 3 abschließend benannt. Die Leistungsgewährung steht nicht im Ermessen der Leistungsträger. Wenn die Voraussetzungen nach § 111 vorliegen, besteht ein Rechtsanspruch auf die jeweilige Leistung.

2.2.1 Leistungen zur Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)

 

Rz. 5

Gemäß Abs. 1 Nr. 1 muss es sich um Leistungen einer im Verfahren nach § 225 anerkannten WfbM handeln. Angesichts des Wahlrechts der behinderten Menschen nach § 62 ist auch eine Kombination von Leistungen in einer WfbM und Leistungen anderer Anbieter zulässig. In diesem Fall ist die Zustimmung des unmittelbar verantwortlichen Leistungserbringers erforderlich (§ 62 Abs. 2 Satz 2). Die Leistungen sind auf den Arbeitsbereich einer WfbM beschränkt. Denn nur dort findet eine Beschäftigung i. S. d. Vorschrift statt. Für nicht werkstattfähige Menschen kommen Leistungen zur sozialen Teilhabe nach § 113 in Betracht.

2.2.2 Leistungen bei anderen Anbietern

 

Rz. 6

Die Beschäftigungsmöglichkeiten für behinderte Menschen werden nach Abs. 1 Nr. 2 erweitert. Sie sind nicht beschränkt auf Arbeiten in einer WfbM. Hinzu kommen Anbieter, die die Anforderungen nach § 60 erfüllen. Damit wird für Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Aufnahme in eine WfbM haben, eine Alternative zur beruflichen Bildung und zur Beschäftigung in dieser Werkstatt geschaffen. Anspruch auf Aufnahme in eine Werkstatt haben Menschen mit Behinderungen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, die aber spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Bildung in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Die Alternative besteht darin, dass die Menschen mit Behinderungen die ihnen zustehenden Leistungen nicht nur in der Werkstatt, sondern auch außerhalb bei anderen Leistungsanbietern in Anspruch nehmen können. Nach Abs. 2 gelten für einen anderen Leistungsanbieter grundsätzlich dieselben Anforderungen wie für eine WfbM (BT-Drs. 18/9522 S. 253). Ein anderer Leistungsanbieter hat anders als eine WfbM keine Aufnahmeverpflichtung gegenüber dem Menschen mit Behinderungen. Er muss auch nicht alle Leistungen, also...

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