Rz. 39

Praktikant ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Fähigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung i. S. d. BBiG oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt. Nach seiner ursprünglichen Konzeption wurden im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahmen Theorie- und Praxisanteile miteinander verknüpft. Von dieser Verknüpfung geht Abs. 4 immer noch aus, begrenzt allerdings den Anteil betrieblicher Praktikaphasen. In § 61 Abs. 3 a. F. war noch eine Regelung enthalten, dass der Anteil betrieblicher Praktikaphasen die Hälfte der vorgesehenen Maßnahmedauer nicht überschreiten darf. Diese Begrenzung der Praktikanteile wurde zum Teil sehr kritisch betrachtet. Nach der Neuregelung ist nunmehr vorgesehen, dass betriebliche Praktika abgestimmt auf den individuellen Förderbedarf in angemessenem Umfang vorgesehen werden. Unklar ist, wann von einem "angemessenen Umfang" auszugehen ist, da das Gesetz selbst nur den individuellen Förderbedarf als Parameter hierfür benennt. Nach Wagner sind Praktika, die mehr als die Hälfte der Gesamtmaßnahmedauer umfassen, nicht mehr als angemessen anzusehen sind (Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 51 Rz. 32). Demgegenüber stellt Brecht-Heitzmann zutreffender Weise nicht auf eine pauschale Betrachtung, sondern auf den individuellen Förderbedarf ab, so dass die Anteile des Praktikums an der Gesamtmaßnahme im Einzelfall durchaus die 50 %-Grenze überschreiten können (Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 51 Rz. 54).

 

Rz. 39a

Wird die Durchführung eines Praktikums auf Basis eines dreiseitigen Vertrages unter Beteiligung eines im Auftrag einer Agentur für Arbeit tätigen Bildungsträgers, eines Praktikanten und eines das Praktikum ermöglichenden Arbeitgebers abgeschlossen, steht dem Praktikanten kein Anspruch auf Vergütung aus einem Arbeitsverhältnis zu, wenn das Praktikum nach dem Wortlaut der gegenseitigen Vereinbarung Teil einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 51 ist (LAG Hamm, Urteil v. 5.12.2014, 1 Sa 1152/14; LAG Hamm, Urteil v. 17.10.2014, 1 Sa 664/14). Begründet wird dies damit, dass diese Personen in einem öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis zur Arbeitsverwaltung stehen (Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 51 Rz. 29). Praktikanten nach Abs. 4 steht kein Anspruch auf eine Praktikumsvergütung nach § 17 BBiG zu (Wagner, a. a. O.). Fraglich ist, ob diese Rechtsprechung vor dem Hintergrund des Mindestlohngesetzes, wonach grundsätzlich auch Praktikanten Anspruch auf den Mindestlohn haben, soweit keine Ausnahmeregelung vorliegt, Anwendung findet. Eine Ausnahmeregelung kann nach § 22 Abs. 4 Satz 1 MiLoG für unmittelbar vor der Maßnahme Langzeitarbeitslose vorliegen. In diesem Fall ist eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung möglich. 

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