Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit. Ablehnung eines Gründungszuschusses. Ermessensentscheidung. eigene Leistungsfähigkeit. Fortführung eines Unternehmens. Aufbau einer Liquiditätsreserve

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Bestehen eigener Leistungsfähigkeit kann die Ablehnung eines Gründungszuschusses im Rahmen der Ermessensentscheidung rechtfertigen.

2. Der Aufbau einer Liquiditätsreserve mag sinnvoll sein, kann im Rahmen eines Gründungszuschusses aber nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft erfolgen. Denn der Gründungszuschuss dient nach dem Willen des Gesetzgebers der Sicherung des Lebensunterhaltes und der sozialen Sicherung, nicht aber der wirtschaftlichen Förderung oder Sicherung des Unternehmens.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. November 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihr einen Gründungszuschuss zu bewilligen.

Die damals in einem Arbeitsverhältnis als Verkaufsstellenleiterin bei der Firma "S…" stehende Klägerin nahm am 5. Januar 2011 telefonisch Kontakt zur Beklagten auf. Nach dem Inhalt des über das Gespräch gefertigten Telefonvermerks meldete sie sich arbeitssuchend und gab als Grund an, dass sie ihre Selbstständigkeit plane und Beratung wünsche. Am 20. Januar 2011 sprach sie bei der Beklagten persönlich vor. Nach dem Inhalt des Gesprächsvermerkes gab die Klägerin an, sie rechne mit dem Ende ihrer Beschäftigung. Der Arbeitgeber habe bereits Entlassungen beziehungsweise Arbeitszeitverkürzungen vorgenommen. Die Klägerin ließ sich zur Sperrzeitproblematik bei Aufhebungsvertrag oder eigener Kündigung sowie über die Förderungsvoraussetzungen für einen Gründungszuschuss beraten. Die Arbeitssuchendmeldung erhielt sie nicht aufrecht. Am 12. Oktober 2011 meldete sich die Klägerin erneut telefonisch bei der Beklagten wegen Fragen zu leistungsrechtlichen Konsequenzen eines Aufhebungsvertrages. Nach dem Inhalt des Gesprächsvermerks gab sie an, sich weiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei "S…" in C… zu befinden. Sie solle aber von ihrem Arbeitgeber nach P… versetzt werden, sei damit aber wegen des Fahrweges und aus persönlichen Gründen nicht einverstanden. Sie erwäge, einen Aufhebungsvertrag einzugehen. Auch habe sie vor, sich selbstständig zu machen. Am 24. Oktober 2011 sprach die Klägerin erneut persönlich vor und ließ sich unter anderem zu den gesetzlichen Voraussetzungen der Bewilligung eines Gründungszuschusses beraten. Am 1. November 2011 hatte die Klägerin wiederum telefonischen Kontakt zur Beklagten. Nach dem Inhalt des darüber gefertigten Gesprächsvermerkes war eine Arbeitslosmeldung der Klägerin bekannt, die aber derzeit keine Vermittlung in Anspruch nehmen wolle.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Firma "S…" endete am 31. Dezember 2011. Am 9. Februar 2012 sprach die Klägerin persönlich bei der Beklagten vor und beantragte die Bewilligung eines Gründungszuschusses. Nach den Angaben im Gesprächsvermerk wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie ohne Förderung als Verkäuferin/Filialleiterin vermittelbar sei und daher ein Gründungszuschuss nicht bewilligt werden könne. Die Klägerin habe dennoch auf Stellung eines Antrages auf Gründungszuschuss bestanden, die entsprechenden Unterlagen seien ihr ausgehändigt worden.

Am 22. Februar 2012 reichte die Klägerin das Formular "Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach § 57 SGB III" zurück. Als Tätigkeit war "Schuhhändlerin im Einzelhandel" angegeben. Neben weiteren Unterlagen waren eine Rentabilitätsvorschau für die ersten sechs Monate sowie eine Rentabilitätsvorschau für die ersten drei Jahre beigefügt.

Mit Bescheid vom 9. März 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Bewilligung eines Gründungszuschusses ab. Seit der ersten Vorsprache am 9. Februar 2012 seien der Klägerin bereits fünf Vermittlungsvorschläge als Verkäuferin, davon zwei als Filialleiterin, gemacht worden. Es sei davon auszugehen, dass eine Vermittlung aufgrund der Berufserfahrung beziehungsweise Qualifikation ohne Förderung möglich sei. Ein Gründungszuschuss könne daher nicht gewährt werden.

Den Widerspruch der Klägerin vom 15. März 2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2012 zurück. Die Bewilligung des Gründungszuschusses sei in das Ermessen der Agentur für Arbeit gestellt. Das persönliche Interesse der Klägerin an der Förderung müsse hinter den Interessen der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen Verwendung der Beitragsmittel zurückstehen. Nach § 4 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) sei der Vermittlung in Arbeit grundsätzlich der Vorrang vor der Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung einzuräumen. Auf dem für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsmarkt bestünden ausre...

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