Zusammenfassung

 
Überblick

Erkrankungen im Arbeitsleben sind für Arbeitgeber in mehrfacher Hinsicht eine Belastung, sei es durch Fehl- und damit betriebliche Ausfallzeiten, sei es durch zusätzliche Kosten verbunden mit der Entgeltfortzahlung, sei es durch zusätzliche Herausforderungen im Arbeitsschutz, mit denen Krankheitstage reduziert werden sollen. Psychische Erkrankungen stellen einen Hauptanteil aller Erkrankungen am Arbeitsplatz und sind in der Praxis besonders aufwendig in der Handhabung. Der Beitrag untersucht Ursachen psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz und erläutert den Umgang mit psychisch erkrankten Beschäftigten.

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1 Psychische Belastungen vs. psychische Erkrankungen

1.1 Begriffsklärung: Was sind psychische Belastungen, was sind typische psychische Erkrankungen im Arbeitsleben?

1.1.1 Psychische Belastungen

Man unterscheidet zwischen psychischen Belastungen und psychischer Beanspruchung. Psychische Belastungen sind die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken. Die psychische Beanspruchung ist "die unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien".[1] Die psychische Beanspruchung als Auswirkung der psychischen Belastung wird durch spezifische Merkmale, Eigenschaften und Verhaltensweisen des Menschen beeinflusst. Erst durch die individuellen Reaktionen bei psychisch belastenden Einflüssen entscheidet sich, wie beanspruchend eine Tätigkeit oder Situation vom Einzelnen überhaupt erlebt wird.

[1] DIN EN ISO 100785-1.

1.1.2 Psychische Erkrankungen

Psychische Erkrankungen finden sich im ICD-Code in Kapitel V. Grundsätzlich werden als psychische Erkrankung bzw. Störung alle Erkrankungen bezeichnet, die erhebliche Abweichungen vom Erleben oder Verhalten psychisch (seelisch) gesunder Menschen zeigen und sich auf das Denken, das Fühlen und das Handeln auswirken können.

Psychische Störungen äußern sich durch eine Vielzahl an Symptomen. Einzelne Symptome und Beschwerden sind für sich allein nie Beweis für das Vorliegen einer bestimmten Störung. Für eine eindeutige Diagnose ist deshalb eine umfassende Untersuchung und professionelle Einschätzung durch Fachärzte notwendig. Viele psychische Erkrankungen sind gut behandelbar (Psychotherapie, Psychopharmaka).

Auflistung der häufigsten und bekanntesten psychischen Störungen[1]:

  • Abhängigkeitserkrankungen (Alkohol, Medikamente, Drogen, Spielsucht, Kaufsucht u. a.)
  • Affektive Erkrankungen (Depression, Manie)
  • Angststörungen
  • Anpassungs- und Belastungsstörungen
  • Aufmerksamkeitsstörung
  • Demenz
  • Persönlichkeitsstörungen (z. B. Borderlinestörung)
  • Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
  • Schizophrenie
  • Schlafstörungen
  • Zwangsstörungen

Alle diese Erkrankungen können sich auch bei Arbeitnehmern finden. Eine besondere Häufung bestimmter psychischer Erkrankungen im Arbeitsleben ist nicht feststellbar.

[1] Siehe z. B. https://klinik-viersen.lvr.de/de/nav_main/fuer_patienten_und_angehoerige/krankheitsbilder_glossar/psychische_stoerungen_allgemein.html.

1.2 Faktenlage

Psychische Störungen sind weit verbreitet. Nach einer Studie der WHO leidet weltweit jeder vierte Arztbesucher daran.[1] In Deutschland gehen Studien davon aus, dass rund 10 % der Bevölkerung behandlungsbedürftige psychische Störungen haben.

Im Arbeitsleben sind psychische Störungen mittlerweile eine der häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Der Arbeitsausfall wegen psychischer Erkrankungen erreichte 2021 einen neuen Höchststand. Das Niveau lag mit 276 Fehltagen je 100 Versicherte um 41 % über dem von vor 10 Jahren. Ein psychischer Krankschreibungsfall dauerte im vergangenen Jahr durchschnittlich 39,2 Tage. Auch dieser Wert war so hoch wie noch nie.[2] Ähnliche Zahlen nennen auch andere Krankenversicherungen, so z. B. die Techniker-Krankenkasse, die für das erste Halbjahr 2023 Rekordstände an Krankschreibungen meldete – auch wegen psychischer Erkrankungen.[3]

Psychische Erkrankungen im Arbeitsleben sind damit

  • aufgrund ihrer zunehmenden Häufung und
  • der mit ihnen verbundenen langen Ausfallzeiten

für Betriebe ein wichtiges Problem geworden.

[1] Siehe z. B. https://klinik-viersen.lvr.de/de/nav_main/fuer_patienten_und_angehoerige/krankheitsbilder_glossar/psychische_stoerungen_allgemein.html.
[2] Psychreport der DAK-Gesundheit mit einer Datenauswertung des IGES Instituts für 2,4 Millionen DAK-versicherte Erwerbstätige.
[3] https://www.tk.de/presse/themen/praevention/gesundheitsstudien/krankenstand-erstes-halbjahr-2023-2155162.

1.3 Ursachen psychischer Erkrankungen im Arbeitsleben

Psychische Erkrankungen können meistens nicht direkt auf eine Ursache zurückgeführt werden. Für die Entstehung werden sowohl biologische Faktoren (z. B. eine genetische Belastung, Stoffwechselveränderungen im Gehirn), familiäre Bedingungen (z. B. Eltern mit einer Depression) als auch belastende Lebenserfahrungen in der Vergangenheit (z. B. Trennungen, der Tod eines wichtigen Menschen) in Betracht gezogen. Das Zusammenwirken der verschiedenen Entstehungsfaktoren ("Risikofaktoren") b...

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