Rz. 36

Ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer lediglich ein bestimmtes Zeitdeputat vereinbart und der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet, die Arbeit nach Arbeitsanfall zu leisten (§ 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 TzBfG), steht der Arbeitnehmer, wenn er Feiertagsvergütung geltend machen will, vor einem kaum lösbaren Problem:

Der Arbeitgeber wird ihn nicht für den Tag anfordern, an dem die Arbeit im Betrieb ohnehin nicht erbracht wird. Deshalb kann es auch nicht zu einem feiertagsbedingten Arbeitsausfall kommen. Das würde aber dazu führen, dass bei Arbeit auf Abruf, wenn tarifliche oder betriebliche Sonderregelungen fehlen, nie ein Anspruch auf Feiertagsvergütung entstehen könnte.

Da dieses Ergebnis schwerlich als gerecht empfunden werden kann, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 24.10.2001, 5 AZR 245/00) für Rechtsstreitigkeiten aus diesem Bereich folgendes System der abgestuften Darlegungs- und Beweislast entwickelt:

Zunächst ist auch hier die Frage zu stellen, ob der Arbeitnehmer gearbeitet hätte, wenn kein gesetzlicher Feiertag gewesen wäre. Hierzu muss der Arbeitnehmer tatsächliche Umstände vortragen, aus denen sich eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass die Arbeit allein wegen des Feiertags ausgefallen ist. Dann muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO konkret dazu erklären und tatsächliche Umstände dafür vortragen, dass der Feiertag für den Arbeitsausfall nicht ursächlich war. Gibt es für den Arbeitsausfall keine anderen objektiven Gründe, als dass an einem Wochenfeiertag nicht gearbeitet werden darf, ist aufgrund der Darlegung des Arbeitnehmers davon auszugehen, dass die Arbeit wegen des Feiertags ausgefallen ist, weshalb ein Anspruch auf Feiertagsvergütung besteht.[1]

Bei Klärung der Frage, ob eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass die Arbeit allein wegen des Feiertags ausgefallen ist, hat die Rechtsprechung eine Durchschnittsbetrachtung aus der Vergangenheit vorgenommen, obwohl § 2 Abs. 1 EFZG keinen Referenzzeitraum zugrunde legt, sondern auf den Entgeltausfall am konkreten Arbeitstag abstellt. Sodann ist aus der Tatsache, dass der Arbeitnehmer in der Vergangenheit immer an dem Wochentag zur Arbeit herangezogen wurde, auf den nun der Feiertag fiel, auf eine hohe Wahrscheinlichkeit geschlossen worden, dass die Arbeit nur wegen des Feiertags ausgefallen ist.[2] Dies sollte umso mehr gelten, wenn die Arbeit an jedem beliebigen Wochentag verrichtet werden kann und der Arbeitgeber nur in der Woche, in der der Feiertag liegt, davon abweicht und den Arbeitnehmer an einem anderen Tag arbeiten lässt.[3]

Werden vom Arbeitgeber aber objektive Gründe angegeben, weshalb der Feiertag nicht ursächlich für den Arbeitsausfall gewesen ist, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass diese nicht vorliegen oder nicht ursächlich für die Nichtbeschäftigung waren.[4]

 
Hinweis

Nunmehr ist mit Wirkung ab dem 1.1.2019 in § 12 Abs. 5 TzBfG eine ausdrückliche Regelung für die Berechnung der Entgeltfortzahlung an Feiertagen nach § 2 Abs. 1 EFZG für Arbeit auf Abruf eingeführt worden. Sie verweist auf § 12 Abs. 4 TzBfG (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei Arbeit auf Abruf) und nimmt eine vergangenheitsbezogene Betrachtung vor. Die Gesetzesbegründung verweist insoweit auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.10.2001.[5]

Damit hat das Referenzprinzip durch die gesetzliche Regelung im TzBfG endgültig Eingang in das Feiertagsvergütungsrecht gehalten.[6]

[1] Vgl. Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 81; HzA, Vossen, Gruppe 2 Rz. 826f.
[2] HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 826/1.
[4] Vgl. im Einzelnen Arnold/Gräfl/Arnold, TzBfG, § 12 TzBfG, Rz. 91.
[6] S. Arnold/Gräfl/Arnold, TzBfG, § 12 TzBfG, Rz. 90 f.

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