In den folgenden, in der Rechtsprechung häufig behandelten Fällen stellt sich typischerweise die Frage der Kausalität:

2.3.3.2.1 Altersteilzeit

 

Rz. 53

Haben die Vertragsparteien im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung das in der Praxis typische "Blockmodell" mit einer Arbeits- und einer Freistellungsphase gewählt, erhält der Arbeitnehmer im Fall seiner Erkrankung während der Freistellungsphase keine Entgeltfortzahlung.[1] In Ermangelung einer Arbeitspflicht kann der Arbeitnehmer nicht mehr arbeitsunfähig werden. Sein Anspruch auf Krankengeld ruht in dieser Zeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 SGB V). Der Arbeitnehmer verliert dennoch nicht seinen Anspruch auf seine Bezüge; vielmehr besteht sein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis fort. Das Prinzip "kein Lohn ohne Arbeit" gilt in der Freistellungsphase nicht.

Erkrankt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach den allgemeinen Grundsätzen.

[1] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 3 EFZG, Rz. 37; vgl. auch Debler, NZA 2001, 1285.

2.3.3.2.2 Annahmeverzug

 

Rz. 54

Befindet sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug, etwa nach Ausspruch einer unwirksamen Kündigung, hat der Arbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung Anspruch auf sein Arbeitsentgelt (§ 615 Satz 1 BGB). Erkrankt der Arbeitnehmer während eines solchen Zeitraums, endet der Annahmeverzug aufgrund der Arbeitsunfähigkeit (§ 297 BGB). Ansprüche des Arbeitnehmers richten sich nunmehr nach dem EFZG, d. h. er hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung unter den gesetzlichen Voraussetzungen.[1]

[1] ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, § 3 EFZG, Rz. 21; Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, EFZG, 5. Aufl. 2000, § 3 EFZG, Rz. 61; Vogelsang, Entgeltfortzahlung, 2003, Rz. 96.

2.3.3.2.3 Arbeitsausfall

 

Rz. 55

Zwischen den Parteien kann individual- oder kollektivvertraglich vereinbart sein, dass die Arbeit an bestimmten Tagen ohne Lohnausgleich entfällt[1] oder an anderen Tagen nach- oder vorgeleistet wird[2], etwa als Ausgleich für Freistellungen vor oder nach Feiertagen. Erkrankt der Arbeitnehmer dann im Zeitraum der Freistellung, erhält er keine Entgeltfortzahlung. Denn an den jeweiligen Tagen bestanden auf Grund der besonderen Vereinbarung weder eine Arbeits- noch eine Vergütungspflicht, sodass der Arbeitnehmer keinen krankheitsbedingten Verdienstausfall erleidet.

 

Rz. 56

Beruht der Arbeitsausfall jedoch auf Umständen, die in die Risikosphäre des Arbeitgebers fallen, wie Betriebsstörungen, Witterungseinflüsse, Lieferengpässe oder sonstige betriebsbedingte Ursachen, ist der Arbeitgeber nach der Betriebsrisikolehre grundsätzlich zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 615 Satz 3 i. V. m. Satz 1 BGB). Entsprechend hat ein Arbeitnehmer, der in diesem Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt, auch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG.[3] Denn der Entgeltanspruch entfällt hier allein wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.

 

Rz. 57

Bei witterungsbedingten Arbeitsausfällen sind ggf. spezielle Regelungen, insbesondere tarifvertragliche Bestimmungen, zu beachten. So sieht § 4 Ziffer 6.1 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe[4] vor, dass ein Lohnanspruch entfällt, wenn die Arbeitsleistung entweder aus zwingenden Witterungsgründen oder in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich wird. Durch das Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006[5] wurde das Winterausfallgeld ersetzt durch das für weitere Branchen mit saisonbedingtem Arbeitsausfall geltende Saison-Kurzarbeitergeld. Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bedeutet dies jedoch unverändert, dass der Arbeitnehmer im Fall der Erkrankung keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung geltend machen kann. Denn weder für den Zeitraum des früheren Winterausfallgelds noch für den heute möglichen Bezugszeitraum von Saison-Kurzarbeitergeld hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgelt gegen den Arbeitgeber. Etwas anderes gilt nur dann, wenn während des Lohnausgleichszeitraums tatsächlich gearbeitet wurde und der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit auch eingesetzt worden wäre.[6]

[1] BAG, Urteil v. 9.5.1984, 5 AZR 412/81, AP Nr. 58 zu § 1 LohnFG, DB 1984, 2099.
[2] BAG, Urteil v. 7.9.1988, 5 AZR 558/87, AP Nr. 79 zu § 1 LohnFG, NZA 1989, 53.
[3] Feichtinger/Malkmus, EFZG, 2. Aufl. 2010, § 3 EFZG, Rz. 67.
[4] Vom 28.9.2018.
[5] BGBl. 2006 I S. 926 ff.
[6] BAG, Urteil v. 30.8.1973, 5 AZR 125/73, AP Nr. 32 zu § 1 LohnFG, DB 1973, 2404.

2.3.3.2.4 Arbeitskampf

 

Rz. 58

Kausalitätsfragen treten insbesondere bei Zusammentreffen von Arbeitskampf und Krankheit auf. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung ist davon abhängig, ob er ohne die Erkrankung trotz des Streiks gearbeitet hätte. Daher entfällt der Anspruch, wenn alle Arbeitnehmer eines Betriebs oder zumindest auch der Betroffene streiken[1] oder alle Arbeitnehmer ausgesperrt werden[2]. Dasselbe gilt, wenn der Betrieb infolge des Streiks stillgelegt wird.[3]

Denn dann werden sämtliche betroffenen Arbeitsverhältnisse suspendiert mit der Folge, dass auch arbeitswillige Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch verlieren.[4] Unerheblich ist dabei, ob de...

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