Ein Mitbestimmungsrecht über die Einführung des Mindestlohns hat der Betriebsrat nicht. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bezüglich Fragen der betrieblichen Lohngestaltung. Diese Gestaltung von Entlohnungsgrundsätzen betrifft sowohl das Aufstellen eines detaillierten Entgeltsystems, wie auch die Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien, einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen.[1]

Das Mitbestimmungsrecht erfasst dagegen nicht die Entgelthöhe. Ausgeschlossen ist danach die Festlegung der konkreten Lohnhöhe der einzelnen Arbeitnehmer. Schon der Einleitungssatz in § 87 Abs. 1 BetrVG besagt, dass der Betriebsrat ein bestimmtes Mitbestimmungsrecht nur hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Der Mindestlohn nach dem MiLoG ist ein gesetzlicher Mindestlohn, so dass es bereits aus diesem Grunde keinen Spielraum für Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gibt. Auch freiwillige Betriebsvereinbarungen verbieten sich nach § 77 Abs. 3 BetrVG in aller Regel deswegen, weil die Lohnhöhe üblicherweise durch Tarifverträge geregelt wird und daher Betriebsvereinbarungen, die gleichwohl die Lohnhöhe regeln, unwirksam sind. Das gilt auch für Betriebsvereinbarungen, die günstiger sind als die entsprechenden Tarifverträge und das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber an die Tarifverträge selbst mangels Tarifgebundenheit oder mangels Allgemeinverbindlichkeitserklärung nicht gebunden ist. Allein die Existenz eines Tarifvertrags, der persönlich und fachlich für das jeweilige Arbeitsverhältnis einschlägig wäre, wenn der Arbeitgeber im entsprechenden Arbeitgeberverband wäre, sperrte jegliche Regelung durch eine entsprechende Betriebsvereinbarung.

Nur in einer relativ begrenzten Fallkonstellation ist es denkbar, dass die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mittelbar berührt sind. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht – sofern keine tarifliche Regelung vorliegt – bezüglich der betrieblichen Lohngestaltung. Das umfasst auch das Aufstellen von Lohngruppen, mit denen die Wertigkeit der verschiedenen im Betrieb anfallenden Tätigkeiten zueinander festgelegt werden.[2] Dabei ist auch der prozentuale Vergütungsabstand der Lohngruppen mitbestimmungspflichtig. Das Mitbestimmungsrecht umfasst jedoch nicht die Frage, welche Vergütung der Arbeitgeber betragsmäßig für die einzelne Lohngruppe zu zahlen hat.[3] Das wiederum legt der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei "einseitig" fest. Dabei hat der Arbeitgeber jedoch zu berücksichtigen, in welchem Verhältnis die einzelnen Tätigkeiten nach den mit dem Betriebsrat vereinbarten Lohngruppen zueinander stehen und ggf. auch die vereinbarte Wertigkeit der Lohngruppen durch seine Vergütungsfestsetzung zu beachten. Er muss die Vergütung so festlegen, dass sich die entsprechenden Lohngruppen und die damit verbundene Festlegung der Wertigkeit der Tätigkeit in seiner Vergütungsfestlegung widerspiegeln.

 
Praxis-Beispiel

Abstand der Lohngruppen zueinander innerhalb eines Entgeltsystems

Die einfachste, am wenigsten "werthaltige" Tätigkeit ist nach der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat die Lohngruppe 1, alle weiteren Lohngruppen bauen darauf auf mit zunehmender Lohngruppe wird die Tätigkeit umso anspruchsvoller und werthaltiger.

Bei der Festlegung der Vergütung hat der Arbeitgeber daher für die Lohngruppe 1 die niedrigste Vergütung vorzusehen, für die Lohngruppe 2 eine entsprechend etwas höhere Vergütung, für die Lohngruppe 3 eine noch höhere Vergütung usw. Sind die Abstände der Lohngruppen prozentual festgelegt, z. B. dass der Lohngruppe 2 eine 3–5 % höhere Vergütung als der Lohngruppe 1 zugeordnet wird, so hat er auch das zu beachten, andernfalls verletzt er das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

Hat nun der Arbeitgeber für die niedrigste Lohngruppe eine Vergütung festgelegt, die unter dem gesetzlichen Mindestlohn oder dem durch allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag festgelegten Lohn liegt, so muss er nunmehr nach Inkrafttreten des MiLoG den Lohn für die niedrigste Lohngruppe entsprechend korrigieren. Dadurch kann jedoch das ganze Lohngefüge, dass er für die einzelnen Lohngruppen festgelegt hat, ins Wanken geraten und verschoben werden. Dadurch kann jedoch das ganze Lohngefüge ins Wanken geraten und verschoben werden. Der gesetzliche Mindestlohn kann demnach dazu führen, dass nunmehr der Lohn für die Lohngruppe 1 genauso hoch ist wie für die darauf folgende Lohngruppe 2 oder Lohngruppe 3.

Für diesen Fall hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber die Vergütung in den höheren Lohngruppen aber nicht anheben muss, wenn er sich darauf beschränkt, den Arbeitnehmern, die nach dem Vergütungssystem eine Vergütung unterhalb des Mindestlohns erhalten, nun den Mindestlohn zu zahlen. Das begründet das BAG damit, dass der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ein gesetzlicher Anspruch ist, der eigenständig neben den arbeits- ode...

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