Das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung – nicht die Diagnose – wird dem Arbeitgeber nur für die Dauer seiner Entgeltfortzahlungspflicht und auch nur dann mitgeteilt, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers abweichend vom Attest des behandelnden Arztes beurteilt wird. Ein abweichendes Gutachten des medizinischen Dienstes hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Ihm kommt nicht ohne Weiteres ein höherer Beweiswert zu als der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes ist allerdings durch das abweichende Gutachten des medizinischen Dienstes erschüttert, sodass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen hat. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer die Untersuchung ohne triftigen Grund verweigert. Ist der Arbeitgeber mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden, hat er so gut wie keine Möglichkeiten, über den Weg Krankenkasse/MDK noch etwas zu unternehmen.

Dies wird damit begründet, dass der Arbeitgeber über den Krankheitsprozess des Arbeitnehmers im Allgemeinen keine näheren Informationen besitzt und sich von daher kein medizinisch fundiertes Bild machen kann. Der Arbeitgeber kann auch nicht ohne Weiteres vom Arbeitnehmer ein zweites Attest verlangen, das seine Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beseitigt. Dies ist Aufgabe der Krankenkasse. Der Arbeitnehmer ist auch nicht verpflichtet, sich durch einen Vertrauensarzt seines Arbeitgebers untersuchen zu lassen. Etwas anderes kann nur bei Arbeitnehmern infrage kommen, die nicht einer gesetzlichen Krankenkasse angehören. Stellt sich bei der Untersuchung durch den MDK jedoch heraus, dass der Arbeitnehmer die Krankschreibung erschlichen hat, so kann der Arbeitgeber etwa geleistete Zahlungen nach den Bereicherungsgrundsätzen[1] zurückverlangen; ein Wegfall der Bereicherung[2] kann in diesem Fall nicht geltend gemacht werden. Daneben stehen dem Arbeitgeber ggf. Schadensersatzansprüche zu. Denkbar ist auch ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB (Betrug), wenn sich der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschlichen hat. Umstritten ist allerdings, ob das Erschleichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB ist, der eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

Aber auch gegenüber dem Vertragsarzt kann ein Schadensersatzanspruch bestehen. Nach § 106 Abs. 3a SGB V ist Voraussetzung hierfür, dass der Arzt Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, obwohl die medizinischen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Der Arbeitgeber kann dann von dem Arzt, wenn er zu Unrecht Arbeitsentgelt gezahlt hat, Schadensersatz verlangen. Der Arzt muss bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben.

Welche Verpflichtungen der Arzt bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat, ergibt sich aus den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, die für den Vertragsarzt bindend sind. Danach darf die Arbeitsunfähigkeit nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung bescheinigt werden. Der Arzt hat den Versicherten über Art und Umfang der tätigkeitsbedingten Anforderungen und Belastungen zu befragen und das Ergebnis der Befragung bei der Beurteilung von Grund und Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen. Eine Rückdatierung der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu 2 Tagen zulässig.

Kommt die Krankenkasse ihrer Pflicht zur Untersuchung nicht nach, können sich Ersatzansprüche des Arbeitgebers aus Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB ergeben.

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