Zusammenfassung

 
Begriff

Mankohaftung ist die Haftung des Arbeitnehmers für Waren- und/oder Kassenfehlbestände. Zu unterscheiden ist zwischen der allgemeinen Mankohaftung und der Mankohaftung aufgrund vertraglicher Mankoabrede. Ist ein Arbeitnehmer für einen Fehlbestand verantwortlich, soll dies nach der umstrittenen Rechtsprechung ein gesondertes Auftrags- oder Verwahrungsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis begründen. Die allgemeine Haftung für Verluste am Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers wird nicht von der Mankohaftung erfasst.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Für die allgemeine Mankohaftung werden vom BAG die Vorschriften des Auftragsrechts bzw. der Verwahrung herangezogen (§§ 670 ff., 675 ff., 688 BGB). Daneben greifen §§ 823 ff. BGB sowie § 254 BGB zur Berücksichtigung des eventuellen Mitverschuldens des Arbeitgebers. Vertragliche Mankoabreden unterliegen der Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB, insbesondere § 309 Nr. 12 BGB.

Sozialversicherung: Die Beitragsfreiheit als Konsequenz der Steuerfreiheit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV.

 
Kurzübersicht
 
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Arbeitsrecht

1 Allgemeine Mankohaftung

Eine Mankohaftung ohne vertragliche Mankoabrede kommt als Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB bzw. unerlaubter Handlung in Betracht. Die Mankohaftung ist nach den Grundsätzen der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu beurteilen. Der Arbeitgeber trägt daher im Regelfall die Darlegungs- und Beweislast für Pflichtverletzung, Schadenseintritt und Verschulden des Arbeitnehmers.[1]

Nur ausnahmsweise kann sich die Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitnehmer verlagern. Dies ist zu bejahen, wenn das Handeln des Arbeitnehmers nach den Grundsätzen der Verwahrung oder des Auftrags zu behandeln ist.[2] In diesen Fällen kommt es juristisch zu einem "gemischten" Vertragsverhältnis mit Elementen aus beiden Vertragstypen. Sinn und Zweck dieser gekünstelten Konstruktion ist es, das beweisrechtliche Privileg des § 619a BGB zu umgehen. Voraussetzung für eine solche Konstruktion ist, dass der Arbeitgeber eine Tatsachenlage geschaffen hat, nach der er nicht mehr Besitzer der Sache ist und der Arbeitnehmer als unmittelbarer Besitzer alleinigen Zugang zu den ihm anvertrauten Waren oder Geldern oder die alleinige Verwaltungsbefugnis hat – dies führt nach der Rechtsprechung zur Annahme eines gesonderten Auftrags- oder Verwahrungsverhältnisses.[3] Im Regelfall ist der Arbeitnehmer jedoch nur als Besitzdiener[4] des unmittelbar besitzenden Arbeitgebers anzusehen. Es bedarf daher seitens des Arbeitgebers der Darlegung einer Tatsachenlage, die es, entgegen der Vermutung des § 855 BGB, rechtfertigt, den Arbeitnehmer selbst als unmittelbaren Besitzer anzusehen.[5] Unmittelbarer Besitz des Arbeitnehmers bedeutet zumindest den alleinigen Zugang zu der Sache und deren selbstständige Verwaltung. Dazu gehört, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen hat.[6] Der Arbeitnehmer kann in diesem Sinne wirtschaftlich tätig werden, wenn seine Tätigkeit von kaufmännischen Aufgaben geprägt ist, z. B. weil ihm eigene Vertriebsbemühungen obliegen oder er Preise auch selbstständig kalkulieren muss.[7] Im Ergebnis muss der Arbeitnehmer – neben dem selten vorliegenden Alleinbesitz am Waren- oder Kassenbestand – in herausgehobener Tätigkeit mit weitgehend selbstständiger Entscheidungskompetenz handeln. Diese Voraussetzungen werden in der Praxis kaum einmal erfüllt sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat somit die Voraussetzungen des "Auftragsmodells" in starkem Maße heraufgesetzt, ohne den konstruktiven Ansatz grundsätzlich aufzugeben.[8] Konkret muss der Arbeitgeber auch darlegen, dass ausgeschlossen ist, dass er selbst in den Waren- oder Kassenbestand eingegriffen hat.[9] Zu weitgehend erscheint allerdings die Forderung, der Arbeitgeber müsse bei einer Zugangssicherung mittels Schlüssel zudem darlegen, dass keine weiteren, u. U. unberechtigt angefertigten Schlüsselkopien bestehen.[10]

Die Haftung ist gemäß der Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung nach dem Modell des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gemindert, dessen Grundsätze auch für die Mankohaftung gelten.[11]

[1] § 619a BGB als arbeitsrechtliche Modifikation der allgemeinen Beweislastverteilung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB,

BAG, Urteil v. 17.9.1998, 8 AZR 175/97.

[2] Zur (umfassenden) Anwendung der auftragsrechtlichen Regelung in Bezug auf Herausgabeansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vgl. BAG, Urteil v. 14.12.2011, 10 AZR 283/10; BAG, Urteil v. 11.4.2006, 9 AZR 500/05.
[5] Zu den strengen Anforderungen BGH, Urteil v. 30.1.2015, V ZR 63/13; regelmäßig ist der Arbeitnehmer als Besitzdiener anzusehen, auch wenn er als leitender Angestellter Schlüs...

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