Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. selbständige Tätigkeit. Fortbestand des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag bei krankheitsbedingter Unterbrechung im Einsatz der eigenen Arbeitskraft

 

Leitsatz (amtlich)

Kann eine selbständig erwerbstätige Person, die aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist, ihre Arbeitskraft während der Heilbehandlung und einer anschließenden Rehabilitationsmaßnahme nicht im eigenen Gewerbebetrieb einsetzen, so führt dies jedenfalls dann nicht zum Entfallen der Voraussetzungen für das Pflichtversicherungsverhältnis auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung, wenn der Betrieb in dieser Zeit durch Hilfe von Angestellten oder Familienangehörigen fortgeführt werden kann und mit der Wiederaufnahme der persönlichen Arbeitsleistung nach Ende der Erkrankung zu rechnen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.09.2013; Aktenzeichen B 12 AL 1/12 R)

 

Tenor

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Magdeburg neu wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2008 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass das Versicherungspflichtverhältnis der Klägerin in der Arbeitslosenversicherung aufgrund freiwilliger Weiterversicherung über den 30. Oktober 2006 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Beendigung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung streitig.

Die Klägerin übernahm am 1. Januar 2001 von ihrem Vater die Firma "A. B." in ... C ... Es handelt sich um einen Einzelhandel für Raumausstattung, Kurzwaren, Lacke, Farben und Tapeten; hauptsächlich werden Gardinen verkauft. Vor der Geschäftsübernahme hatte die Klägerin in der Firma mit einer Vollzeitstelle als Angestellte gearbeitet. Seit Anfang Januar 2001 war sie dann in der Firma selbständig weiter im vergleichbaren Umfang tätig. Neben der Klägerin arbeitet in der Firma noch ihre Schwester, die dort angestellt ist.

Die am ... 1966 geborene Klägerin stellte am 7. März 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung. Dem Antrag fügte die Klägerin eine Bescheinigung bei, wonach sie bis unmittelbar vor der Übernahme der Firma dort seit dem 1. Januar 1999 beschäftigt gewesen war.

Die Beklagte stellte sodann mit Bescheid vom 23. Mai 2006 fest, dem Antrag auf freiwillige Weiterversicherung werde entsprochen; die Versicherung beginne am 7. März 2006. Der monatliche Beitrag betrage 33,56 EUR. Den Beitrag in dieser Höhe entrichtete die Klägerin in der Folgezeit.

Erstmals telefonisch am 3. Dezember 2007 und dann mit einem Schreiben vom 10. Januar 2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit: Sie habe am 30. Oktober 2006 einen Schlaganfall erlitten. Deshalb sei eine Krankenhausbehandlung erforderlich geworden und sie sei bis zum 20. November 2006 behandelt worden. Unmittelbar an den Krankenhausaufenthalt anschießend habe sie sich dann bis zum 19. Dezember 2006 in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme befunden. Insgesamt sei sie bis zum 31. März 2007 erkrankt und arbeitsunfähig gewesen.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2008 stellte die Beklagte fest, die "bewilligte Entscheidung" über die freiwillige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung werde ab dem 30. Oktober 2006 aufgehoben. Weil die Klägerin ab diesem Datum ihre selbständige Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können, lägen die Voraussetzung für die freiwillige Weiterversicherung nicht mehr vor. Die bereits für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 gezahlten Beiträge würden in Höhe der sich ergebenden Überzahlung zurückerstattet. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin bei der Beklagen am 31. Januar 2008 Widerspruch ein. Zur Begründung des Widerspruchs führte die Klägerin aus: Sie sei bei ihrer Krankenkasse freiwillig mit einem Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche versichert. Sie habe ihr "selbständiges Gewerbe" nie unterbrochen. Während ihrer Krankheit sei der laufende Geschäftsbetrieb auch mit Hilfe ihrer Eltern, die beide Rentner seien, aufrecht erhalten worden. Die Klägerin reichte in Kopie eine Bescheinigung ihrer Krankenhasse vom 21. August 2008 ein, wonach diese für die Zeit vom 21. November 2006 bis zum 31. März 2007 Krankengeld an sie gezahlt hatte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2008 als unbegründet zurück: Weil die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorgelegen hätten, sei das Versicherungsverhältnis der Klägerin ab dem 30. Oktober 2006 zu beenden gewesen.

Die Klägerin hat am 8. April 2008 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 14. November 2010 stattgegeben und den angefochtenen Bescheid vom 23. Januar 2008 in der Ge...

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