Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. Selbständige Tätigkeit. Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag. Ende. Krankheit. Arbeitsunfähigkeit. selbständige Tätigkeit. keine Beendigung infolge einer rein krankheitsbedingten Unterbrechung der Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung endet grundsätzlich nicht schon infolge einer rein krankheitsbedingten Nichtausübung der selbstständigen Tätigkeit des Versicherten.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine (rein) krankheitsbedingte Nichtausübung der selbstständigen Tätigkeit zieht grundsätzlich nicht schon die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses nach § 28a SGB III i.d.F. vom 23.12.2003 nach sich, soweit keine anderweitigen Anhaltspunkte für eine (krankheitsunabhängige) endgültige Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit bestehen.

 

Normenkette

SGB III § 28a Abs. 2 S. 3; SGB 3 § 28a Abs 2 S 3 Nr 4 Fassung: 2003-12-23; SGB 3 § 28a Abs 1 S 1 Nr 2

 

Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 24.11.2011; Aktenzeichen L 2 AL 2/11)

SG Magdeburg (Urteil vom 25.10.2010; Aktenzeichen S 14 AL 153/08)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass das Versicherungspflichtverhältnis der Klägerin nicht am 30. Oktober 2006 geendet hat.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch im Revisionsverfahren zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Beendigung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag im Recht der Arbeitsförderung.

Die Klägerin übernahm am 1.1.2001 von ihrem Vater ein Einzelhandelsgeschäft für Raumausstattung, Gardinen, Kurzwaren, Lacke, Farben und Tapeten. Zuvor war sie in dem Unternehmen, in dem auch ihre Schwester angestellt ist, in Vollzeit (versicherungspflichtig) beschäftigt. Einem Antrag der Klägerin vom 7.3.2006 auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung entsprach die Beklagte unter Festsetzung des Beginns und der zu zahlenden Beiträge (Bescheid vom 23.5.2006).

Am 3.12.2007 und 10.1.2008 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass sie am 30.10.2006 einen Schlaganfall erlitten habe und deswegen bis 20.11.2006 im Krankenhaus und anschließend bis 19.12.2006 in einer Rehabilitationseinrichtung stationär behandelt worden und bis 31.3.2007 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei (Krankengeldbezug 21.11.2006 bis 31.3.2007). Daraufhin hob die Beklagte ihren Bescheid über die Feststellung der freiwilligen Versicherung in der Arbeitslosenversicherung ab 30.10.2006 auf (Bescheid vom 23.1.2008), stellte später das Ende des Versicherungsverhältnisses auf Antrag zum 30.10.2006 fest (Widerspruchsbescheid vom 11.3.2008) und erstattete die insoweit ab 30.10.2006 entrichteten Beiträge.

Das von der Klägerin angerufene SG hat die genannten Bescheide aufgehoben (Urteil vom 14.12.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des SG-Urteils unter Ergänzung der Feststellung des Fortbestehens des Versicherungspflichtverhältnisses der Klägerin über den 30.10.2006 hinaus neu zu fassen sei. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses zum 30.10.2006 hätten nicht vorgelegen. Der Beendigungstatbestand der nicht mehr im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit sei nicht erfüllt. Zwar setze eine selbstständige Tätigkeit die Verwertung und den Einsatz der eigenen Arbeitskraft voraus. Zeiten, in denen eine als Alleinunternehmer pflichtversicherte Person ihre Tätigkeit zB wegen Arbeitsunfähigkeit oder der Teilnahme an Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation nicht ausüben könne, seien aber als Unterbrechungszeiten unschädlich für den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses, jedenfalls sofern der Betrieb des Versicherten während solcher Zeiten aufgrund der Arbeit von Mitarbeitern weiterlaufe. Der Versicherungsschutz müsse solange Bestand haben, wie ein der selbstständigen Tätigkeit zugrundeliegender Geschäftsbetrieb nicht in dem Sinne aufgegeben worden sei, dass dieser zukünftig als Grundlage für die wirtschaftliche Sicherung der Existenz durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft ausscheide. Vorliegend sei während der gesamten krankheitsbedingten Unterbrechung beim Einsatz der persönlichen Arbeitskraft der Klägerin der Betrieb durch Angestellte und ergänzende familiäre Mithilfe weitergeführt worden. Trotz der Schwere der Erkrankung der Klägerin sei auch nicht damit zu rechnen gewesen, dass sie arbeitsunfähig bleiben werde (Urteil vom 24.11.2011).

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung von § 28a Abs 2 S 3 Nr 2 SGB III aF und macht Verfahrensfehler des LSG geltend. Bei einem Absinken der eigenen Arbeitsleistung des Versicherten unter die Grenze von 15 Stunden wöchentlich ende dessen Versicherungspflichtverhältnis, ohne dass auf eine Fortführung des Unternehmens durch Dritte abgestellt werden dürfe. Infolge der Erkrankung der Klägerin sei hier eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse eingetreten. An mehreren Tatbestandsmerkmalen des § 28a SGB III zeige sich, dass ein Wechsel der beruflichen Tätigkeiten in der Erwerbsbiographie des Betroffenen für den Weiterversicherungsanspruch in der Arbeitslosenversicherung schädlich sein könne. Eine für die Versicherungspflicht unschädliche bloße Unterbrechung könne bei der Klägerin nicht angenommen werden, weil bei prognostischer Betrachtung keine Aussicht bestanden habe, dass sie in absehbarer Zeit ihre selbstständige Tätigkeit oder auch nur eine andere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe wieder aufnehmen können. Diesbezüglich habe das LSG entscheidungserheblich gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, weil es nicht ermittelt habe, ob bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 30.10.2006 aus medizinischer Sicht prognostisch eine berechtigte Erwartung bestanden habe, dass sie in absehbarer Zeit ihre selbstständige Tätigkeit wieder werde aufnehmen können.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 2011 und des Sozialgerichts Magdeburg vom 14. November 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht durch eine postulationsfähige Person vertreten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 S 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die schon vom SG vorgenommene Aufhebung der Bescheide der Beklagten bestätigt. Der Senat hat lediglich klarstellend die Feststellung ausgesprochen, dass das Versicherungspflichtverhältnis der Klägerin in der Arbeitslosenversicherung - anders als von der Beklagten in ihren Bescheiden angenommen - nicht am 30.10.2006 geendet hat; nicht ist dagegen im Revisionsverfahren darüber zu entscheiden, ob (und wie lange) das Versicherungspflichtverhältnis noch über den 30.10.2006 hinaus fortbestanden hat.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die von der Beklagten durch Bescheid getroffene Feststellung, dass das durch den Antrag der Klägerin vom 7.3.2006 in der Arbeitslosenversicherung begründete Versicherungspflichtverhältnis durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 30.10.2006 endete. Die dagegen gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, da die Versicherungspflicht auf Antrag nach § 28a SGB III bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen kraft Gesetzes eintritt (vgl zuletzt BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 3 RdNr 12 mwN) und ein derart begründetes Versicherungspflichtverhältnis bei Entfallen der Voraussetzungen kraft Gesetzes endet. Dies wurde von der Beklagten letztlich auch im Widerspruchsbescheid vom 11.3.2008 berücksichtigt, nachdem sie zuvor im Bescheid vom 23.1.2008 von einer Aufhebung "der bewilligenden Entscheidung" vom 6.12.2006 gemäß § 48 Abs 1 S 2 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ausgegangen war, ohne auf ihren das Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag feststellenden Bescheid vom 23.5.2006 einzugehen oder diesen aufzuheben. Der Senat hat allerdings die Formulierung des Tenors des LSG-Urteils geändert. Zum einen ist sie an den Sprachgebrauch des § 28a SGB III anzupassen, der von einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag spricht. Zum anderen geht die vom LSG tenorierte Feststellung, dass das Versicherungsverhältnis der Klägerin "über den 30.10.2006 hinaus" fortbestehe, über ein anzuerkennendes berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin hinaus: Dieses berechtigte Interesse ist darauf beschränkt, dass das Versicherungsverhältnis auf Antrag - entgegen der in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten (lediglich) getroffenen Feststellung - nicht am 30.10.2006 endete.

2. In der Sache bleibt die Revision der Beklagten ohne Erfolg, weil das Versicherungspflichtverhältnis der Klägerin nicht am 30.10.2006 endete. Der von der Beklagten für ihre gegenteilige Ansicht herangezogene Beendigungstatbestand des § 28a Abs 2 S 3 SGB III aF iVm § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III (dazu a) rechtfertigt nicht die Annahme einer Beendigung. Vielmehr führt die Auslegung des § 28a Abs 2 S 3 SGB III aF unter rechtssystematischen Gesichtspunkten zu dem Ergebnis, dass eine (rein) krankheitsbedingte Nichtausübung der selbstständigen Tätigkeit grundsätzlich nicht schon die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses nach sich zieht (dazu b). Dies gilt jedenfalls, soweit - wie hier - keine anderweitigen Anhaltspunkte für eine (krankheitsunabhängige) endgültige Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit bestehen (dazu c).

a) Die Beendigung des von der Beklagten vom 7.3.2006 an festgestellten Versicherungspflichtverhältnisses richtete sich hier noch nach § 28a Abs 2 S 3 SGB III in der ab 2.2.2006 (bis 30.6.2008) geltenden Fassung (Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848). Nach Abs 2 S 3 Nr 4 endet das Versicherungspflichtverhältnis - was hier allein in Betracht kommt - ua "in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2". Die dadurch in Bezug genommene Vorschrift des § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III wiederum setzt in der seit ihrer Schaffung unveränderten Fassung für das Entstehen des Versicherungspflichtverhältnisses voraus, dass die antragsberechtigten Personen "eine selbstständige Tätigkeit in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben". Zwar legt die Verwendung der Begriffe "aufnehmen" und "ausüben" einer "selbstständigen Tätigkeit" ebenso wie die zeitliche Mindesttätigkeit von 15 Wochenstunden in § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III nahe, dass insoweit auf ein tatsächliches Tätigwerden des Versicherten abzustellen ist. Jedenfalls für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit fehlt es aber an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, aus der geschlossen werden kann, dass die die Versicherungspflicht begründende selbstständige Tätigkeit stets erst dann aufgenommen worden ist, wenn auch mit der eigentlichen Geschäftstätigkeit begonnen wird, also Waren produziert oder Dienstleistungen erbracht werden (so bereits BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5 RdNr 18 ≪in Bezug auf die Gewährung eines Gründungszuschusses und zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls≫; vgl andererseits zur fehlenden selbstständigen Tätigkeit durch bloße Wahrnehmung von rein gesellschaftsrechtlichen Pflichten BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 14). In ähnlicher Weise ließe sich daran denken, dass auch der Fortbestand der Versicherungspflicht ein durchgehendes "tatsächliches" Tätigwerden des Betroffenen erfordert. Im Falle der Klägerin bedarf es indessen keiner Entscheidung des Senats darüber, ob und inwieweit eine mehrere Monate andauernde Arbeitsunfähigkeit noch als Ausübung oder als für den Fortbestand der Versicherungspflicht schädliche Aufgabe einer versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit anzusehen ist (vgl dazu näher - mit anderer Tendenz - zur Frage der Schädlichkeit von Unterbrechungen der Tätigkeit infolge Urlaubs oder Krankheit Ulmer in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK SGB III, § 28a RdNr 4a mwN, Stand 1.9.2013). Ebenso kann dahinstehen, ob die vom LSG ergänzend angestellten rentenversicherungsrechtlichen Erwägungen auch im Kontext des § 28a SGB III tragfähig sind. Denn jedenfalls zieht eine (rein) krankheitsbedingte Nichtausübung einer Tätigkeit grundsätzlich noch keine Beendigung der Versicherungspflicht gemäß § 28a Abs 2 S 3 Nr 2 SGB III aF nach sich. Das folgt aus der Rechtssystematik der Begründungs- und Beendigungstatbestände des § 28a SGB III aF (dazu näher im Folgenden unter b).

b) Eine der Voraussetzungen der Versicherungspflicht auf Antrag ist nach § 28a Abs 1 S 2 Nr 3 SGB III aF, dass "Versicherungspflicht (§§ 26, 27) anderweitig nicht besteht". Schädlich ist insoweit etwa eine anderweitige Versicherungspflicht, wie sie nach § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III ua für Personen vorgesehen ist, die von einem Leistungsträger Krankengeld oder von einem Träger der medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld beziehen. Während danach mithin der Bezug von Krankengeld (ebenso wie derjenige von Übergangsgeld während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme) der Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung entgegensteht, findet sich im Gesetz umgekehrt eine entsprechende Regelung für die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag nicht. Zwar enthält § 28a Abs 2 S 3 Nr 2 SGB III aF die Regelung, dass das Versicherungspflichtverhältnis "mit Ablauf des Tages endet, an dem die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 letztmals erfüllt waren", sodass dann, wenn iS von § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III Personen eine selbstständige Tätigkeit im gesetzlichen Mindestumfang nicht mehr "ausüben", die Versicherungspflicht entfällt.

Bei der Auslegung darf indessen nicht unbeachtet bleiben, dass § 28a Abs 2 S 3 SGB III aF in seinen Nrn 1 bis 4 für die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses nicht einfach (umfassend) auf die der Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses entgegenstehenden Umstände des § 28a Abs 1 SGB III aF Bezug nimmt, sondern hierfür eine detaillierte Spezialregelung enthält. Die Beendigungsregelung verweist gerade nicht auf den Sachverhalt einer - der Versicherungspflicht entgegenstehenden - krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bzw eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, die bei entsprechend bestehender Versicherung typischerweise Krankengeldansprüche bzw Übergangsgeldansprüche auslösen (vgl § 44 SGB V, § 20 SGB VI). Aus dieser vom Gesetzgeber vorgenommenen "Entkopplung" kann dann aber nur geschlossen werden, dass die der Begründung des Versicherungspflichtverhältnisses entgegenstehenden Umstände nicht in gleicher Weise spiegelbildlich ebenfalls im Zusammenhang mit den Beendigungstatbeständen Bedeutung erlangen sollten. Im Gegenteil sollten aufgrund der speziellen, engeren Bezugnahme des § 28a Abs 2 S 3 Nr 2 SGB III nur auf § 28a Abs 1 S 1 SGB III in der Beendigungsregelung nicht genannte, aber für die Begründung der Versicherungspflicht bedeutsame Umstände bei der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses ausgeklammert bleiben. Gründe für die Annahme eines in diesem Zusammenhang bestehenden bloßen Redaktionsversehens bei der Ausgestaltung des § 28a SGB III aF sind nicht ersichtlich (vgl insoweit den Entwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drucks 15/1515 S 78 zu Nummer 20 zu Absatz 2).

Danach ergibt sich letztlich, dass der Gesetzgeber in einem rein krankheitsbedingten Nichtausüben der selbstständigen Tätigkeit für sich genommen noch keinen Beendigungstatbestand nach § 28a Abs 2 S 3 SGB III aF gesehen hat. Dafür spricht ergänzend zudem, dass in Bezug auf das Bestehen gesundheitlicher Defizite erst durch das ab 1.1.2011 in Kraft getretene Gesetz für bessere Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt vom 24.10.2010 (BGBl I 1417) mit § 28a Abs 5 Nr 4 SGB III ein weiterer Beendigungstatbestand geschaffen wurde. Danach endet das Versicherungspflichtverhältnis nur unter qualifizierten Voraussetzungen bei Personen, die wegen einer Minderung ihrer Leistungsfähigkeit dauernd nicht mehr verfügbar sind (vgl § 28a Abs 5 Nr 4 iVm § 28 Abs 1 Nr 2 SGB III in der genannten Fassung).

c) Stellt somit eine rein krankheitsbedingte Verhinderung der tatsächlichen Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit keinen Beendigungstatbestand nach § 28a Abs 2 S 3 SGB III aF dar, könnte hier eine Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses nur dann angenommen werden, wenn Anhaltspunkte für eine willensgetragene, dauerhafte Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit vorliegen. Derartiges könnte nach den jeweiligen Umständen etwa bei einer Veräußerung des Unternehmens, einem Inhaberwechsel oder einer Gewerbeabmeldung der Fall sein, nämlich dann, wenn Indizien dafür vorliegen, dass der der selbstständigen Tätigkeit des Versicherten zugrunde liegende Geschäftsbetrieb von einem bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr Grundlage für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Versicherten sein sollte. Entsprechende Umstände hat das LSG indessen nicht festgestellt. Das Berufungsgericht hat vielmehr im Gegenteil am Ende der Entscheidungsgründe seines Urteils zum Sachverhalt ausgeführt, dass die Klägerin keinen Aufgabewillen geäußert hat und auch keine objektiven Umstände auf eine Aufgabe ihrer selbstständigen Tätigkeit - zum hier maßgebenden Zeitpunkt am 30.10.2006 - schließen ließen. Gegen konkret diese Tatsachenfeststellungen hat die Beklagte zulässige Revisionsrügen nicht erhoben, sodass der Senat die Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 163 SGG).

3. Die demgegenüber von der Beklagten gegen das Urteil des LSG erhobenen Verfahrensrügen führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen erfordert eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge die Bezeichnung der Tatsachen, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 S 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachten Verfahrensfehler anders entschieden hätte. Die Beklagte hätte daher aufzeigen müssen, dass und inwiefern sich das LSG (von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus) zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 12a, § 103 RdNr 20 mwN). Hier wäre insoweit in den Blick zu nehmen gewesen, dass das LSG seinem Urteil selbst zugrunde gelegt hat, dass die Klägerin zu dem von der Beklagten angenommenen Beendigungszeitpunkt am 30.10.2006 (wie zunächst in der Folgezeit) krankheitsbedingt nicht in der Lage war, ihre selbstständige Tätigkeit in eigener Person auszuüben, dass es aber gleichwohl (aus Rechtsgründen) zu einer Klagestattgabe gelangt ist. Zum anderen folgt aus den vorstehenden Ausführungen des Senats, dass es auf Feststellungen zu den Einzelheiten der - als solche zwischen den Beteiligten nicht im Streit befindlichen - krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und eine darauf zu stützende Prognose am ersten Tag der Krankheit aus rechtssystematischen Erwägungen nicht ankommt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6516682

NJW 2014, 10

FA 2014, 192

SGb 2014, 199

Breith. 2014, 592

info-also 2014, 121

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