Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit von Beiträgen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren, das zur (deklaratorischen) Feststellung der Versicherungspflicht führt. Anwendung von § 23 Abs 1 S 6 SGB 4 idF vom 21.12.2000

 

Orientierungssatz

Gegenüber der allgemeinen, die Fälligkeit von Beitragsansprüchen regelnden Vorschrift des § 23 Abs 1 S 5 SGB 4 idF vom 25.9.1996 bestimmt § 23 Abs 1 S 6 SGB 4 idF vom 21.12.2000 seinen Anwendungsbereich und zugleich die Fälligkeit abweichend für den Fall, dass ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Beitragspflicht durchgeführt wird und die Feststellung der Versicherungspflicht der Pflegeperson die erstmalige Fälligkeit von Beiträgen zur Folge hat. Für Beiträge, die nach der Feststellung der Versicherungspflicht zu entrichten sind, enthält Satz 6 keine Regelung zur Fälligkeit. Die Fälligkeit dieser Beiträge ergibt sich aus § 23 Abs 1 S 5 SGB 4 (vgl LSG Mainz vom 19.1.2015 - L 2 R 549/12 = Juris RdNr 33).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.03.2023; Aktenzeichen B 12 R 7/21 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 15.03.2018 geändert. Die Klage wird insoweit abgewiesen, als sie sich gegen die von der Beklagten geltend gemachten Beiträge zur Pflegeversicherung für die Beigeladene im Zeitraum vom 11.12.2001 bis zum 30.11.2008 richtet. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 18.340,07 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Beigeladene zu entrichtende Beiträge als Pflegeperson für den noch streitigen Zeitraum vom 11.12.2001 bis zum 30.11.2008 verjährt sind.

Die Beigeladene pflegte ihre Tochter (geb. am ) seit dem 11.12.2001 in der Pflegestufe I (Erstgutachten 22.01.2002), seit dem 01.03.2004 in der Pflegestufe II (Zweitgutachten 08.03.2004) und seit dem 01.08.2012 in der Pflegestufe III (Folgegutachten 11.09.2012). Die Tochter leidet an einem sog. Cri-du-chat-Syndrom. Die Klägerin übersandte der Beigeladenen wiederholt den Fragebogen für Zahlungen der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen und erinnerte an dessen Rücksendung. In der Akte der Klägerin findet sich ein handschriftlicher Vermerk vom 11.03.2019, wonach für die Zeit vor dem 01.08.2012 keine Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen bestehe, da seitens dieser nie eine Reaktion erfolgt sei. In einem weiteren handschriftlichen Vermerk ohne Datum heißt es, dass die Beigeladene ab dem 11.12.2001 gesetzlich rentenversichert sei; sie habe auf Anschreiben nie reagiert.

Mit Datum vom 19.12.2013 sandte die Beigeladene einen vollständig ausgefüllten Fragebogen zur Rentenversicherungspflicht an die Klägerin zurück. In diesem gab sie u.a. an, dass sie ihre Tochter seit deren Geburt pflege. Auch pflege sie teilweise noch ihren Vater.

Mit Schreiben vom 11.03.2014 teilte die Klägerin daraufhin der Beigeladenen mit, dass sie für diese ab dem 01.08.2012 Rentenversicherungsbeiträge an die Beklagte zahle. Der Pflegeaufwand betrage 21 Stunden wöchentlich.

Im April und Mai 2014 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Prüfung der Beitragszahlung für Pflegepersonen nach § 212a Sozialgesetzbuch SGB VI durch.

Mit Anhörung vom 08.07.2014 hörte die Beklagte die Klägerin u.a. zur beabsichtigten Forderung der Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für die Beigeladene für den Zeitraum vom 11.12.2001 bis zum 31.07.2012 in Höhe von 29.709,71 Euro an. Zur Begründung führte sie aus, die Rentenversicherungsbeiträge seien erstmalig am 11.03.2014, allerdings nur für die Zeit ab dem 01.08.2012 entrichtet worden. Für die Zeit davor sei keine Zahlung erfolgt, da ausweislich der Begründung in der Verwaltungsakte seitens der Beigeladenen nie auf Anschreiben zur Feststellung der Rentenversicherungsbeiträge reagiert worden sei. Die Erhebung von Säumniszuschlägen sei nicht beabsichtigt.

Mit Schreiben vom 15.08.2014 erkannte die Klägerin die Forderung für die Zeit vom 01.12.2008 bis zum 31.07.2012 vollständig an und kündigte die Nachentrichtung der Beiträge an. Für die Zeit vom 11.12.2001 bis zum 30.11.2008 werde die Forderung nur unter Vorbehalt anerkannt. Eine Zahlung könne nur deshalb unter Vorbehalt geleistet werden, da vor dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz ein Berufungsverfahren zur Frage anhängig sei, ob durch die Einführung des § 23 Abs. 1 S. 6 SGB IV zum 01.01.2001 eine Verjährung von Rentenversicherungsbeiträgen für Pflegepersonen vor Beantwortung des Fragebogens durch die Pflegeperson nicht mehr eintreten könne. Der Ausgang dieses Verfahrens solle abgewartet werden.

Mit Schreiben vom 03.11.2014 hörte die Beklagte die Klägerin erneut zu der Forderung von Rentenversicherungsbeiträgen i.H.v. 29.709,71 Euro für die Beigeladene und Säumniszuschlägen...

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