Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit von Beiträgen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren, das zur (deklaratorischen) Feststellung der Versicherungspflicht führt. Anwendung von § 23 Abs 1 S 5 SGB 4 idF vom 25.9.1996

 

Orientierungssatz

Für Beiträge für Pflegepersonen, die nach der Feststellung der Versicherungspflicht zu entrichten sind, enthält § 23 Abs 1 S 6 SGB 4 idF vom 21.12.2000 keine Regelung zur Fälligkeit. Die Fälligkeit dieser Beiträge ergibt sich aus § 23 Abs 1 S 5 SGB 4 idF vom 25.9.1996. Aber auch die Fälligkeit von Beiträgen vor Beginn des Verwaltungsverfahrens, das zur (deklaratorischen) Feststellung der Beitragspflicht führt, richtet sich nach § 23 Abs 1 S 5 SGB 4 idF vom 25.9.1996. Die bezüglich der Fälligkeit speziellere Vorschrift des § 23 Abs 1 S 6 SGB 4 idF vom 21.12.2000 findet auf bereits vor dem Beginn des Verwaltungsverfahrens fällig gewordene Beiträge keine Anwendung.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12.11.2012 aufgehoben soweit die Klage abgewiesen worden ist. Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2010 wird auch insoweit aufgehoben, als nach dem von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten im Schriftsatz vom 16.12.2010 und der teilweisen Aufhebung dieses Bescheides durch das Sozialgericht noch Rentenversicherungsbeiträge sowie Säumniszuschläge/Ausgleichszahlungen für den Zeitraum vom 01.12.2000 bis zum 30.11.2002 für die Beigeladene gefordert werden.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.663,32 Euro festgesetzt.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Beigeladene zu entrichtende Beiträge als Pflegeperson verjährt sind.

Die Beigeladene pflegte ihre Tochter seit der Geburt (23.03.1973) bis zur Aufnahme in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung am 18.11.2002. Bis zum 31.03.1995 bezog die Pflegebedürftige Leistungen bei Schwerstpflegebedürftigkeit nach §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V). Mit Wirkung zum 01.04.1995 wurde die Pflegebedürftige gemäß Artikel 45 Pflegeversicherungsgesetz ohne Antragstellung in die Pflegestufe II (21 Stunden) eingestuft. Im Rahmen eines Sozialgerichtsverfahrens wurde 1996 festgestellt, dass die Pflegebedürftige seit dem 01.04.1995 in die Pflegestufe III einzustufen ist. Den Fragebogen für Zahlungen der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen übersandte die Klägerin an die Beigeladene. Auch nach einem Erinnerungsschreiben wurde der Fragebogen von der Beigeladenen nicht zurückgesandt.

Mit Schreiben vom 10.03.2008 forderte die Beigeladene die Klägerin auf, ihr einen weiteren Fragebogen zu übersenden. Die Beigeladene sandte den Fragebogen zurück.

Mit Schreiben vom 20.05.2008 teilte die Klägerin der Beigeladenen dann mit, dass eine Beitragszahlung für die Zeit vom 01.04.1995 bis zum 30.11.2002 nicht in Betracht komme, weil Verjährung gemäß § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV) eingetreten sei.

Im Juni 2010 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Prüfung der Beitragszahlung für Pflegepersonen nach § 212a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) durch.

Mit Bescheid vom 24.06.2010 forderte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.04.1995 bis zum 18.11.2002 in Höhe von (i.H.v.) 23.712,20 Euro sowie Ausgleichszahlungen i.H.v. 6.212,00 Euro. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe nach Rücksendung gegenüber der Beigeladenen wie folgt entschieden: "Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Sie haben für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.11.2002 die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge beantragt. Für diesen Zeitraum wurden keine Beiträge an den Rentenversicherungsträger als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson abgeführt. Eine Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.04.1995 bis 30.11.2002 kann nicht erfolgen, da die Beiträge für diesen Zeitraum bereits verjährt sind."

Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähre der Anspruch des Rentenversicherungsträgers auf die Pflichtbeiträge gegen den Zahlungspflichtigen, soweit sie nicht vorsätzlich vorenthalten seien, in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Für die Prüfung sei daher zunächst der jeweilige Fälligkeitszeitpunkt im Sinne des § 23 SGB IV festzustellen. Außerdem sei festzustellen, ob die Pflegekasse ihrer Aufklärungs- und Beratungspflicht nach § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - (SGB XI) über die Beitragszahlung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen nachgekommen sei. Die erstmalig zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen würden nach § 23 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IV in Abhängigkeit von dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Pflegekasse die Zahlungsve...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge