Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllungsfiktion. Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers. fehlende Personenidentität der Leistungsempfänger. eheähnliche Gemeinschaft. keine Anwendung des § 34a SGB 2. verfassungskonforme Auslegung

 

Orientierungssatz

1. Zahlt ein nachrangig verpflichteter Träger Sozialleistungen, so tritt bei nachträglicher Gewährung einer vorrangigen Leistung die Erfüllungsfiktion nur ein, soweit Personenidentität der Leistungsempfänger besteht. Dies lässt sich nur im Rahmen einer gesetzlichen Regelung überwinden.

2. Eine Überwindung der fehlenden personellen Kongruenz in unmittelbarer bzw analoger Anwendung des § 34a SGB 2 scheidet aus, wenn es sich um Leistungserbringungen an Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft handelt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.08.2014; Aktenzeichen B 11 AL 2/13 R)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29.09.2011 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladene haben dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Auszahlung von Arbeitslosengeld in Höhe von 230,43 Euro, das die Beklagte zur Befriedigung eines von dem Beigeladenen geltend gemachten Erstattungsanspruchs an diesen ausgezahlt hat.

Der Kläger lebt mit Frau O. T. in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. In dem Haushalt lebt auch die Tochter von Frau T., die am 00.00.1991 geborene T1. T., deren Vater nicht der Kläger ist.

Mit Bescheid vom 20.11.2009 bewilligte der Beigeladene Frau O.T. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 01.01.2010 bis zum 30.04.2010 in Höhe von monatlich 445,95 Euro. Der monatliche Gesamtbetrag setzte sich aus Leistungen an Frau O.T.in Höhe von 215,53 Euro, aus Leistungen an den Kläger in Höhe von 215,52 Euro und aus Leistungen an T1. T. in Höhe von 14,90 Euro zusammen.

Nachdem sich der Kläger am 07.12.2009 mit Wirkung zum 05.12.2009 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 07.01.2010 Arbeitslosengeld ab dem 05.12.2009 für die Dauer von 360 Tagen in Höhe von 32,27 Euro täglich. Für den Zeitraum vom 05.12.2009 bis zum 31.01.2010 bezifferte sie den Auszahlungsanspruch wegen eines "vorläufigen Erstattungsanspruchs eines Leistungsträgers (05.12.2009 bis 31.01.2010)" mit 0 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 19.01.2010 erklärte die Beklagte, dass ein zuvor angemeldeter Erstattungsanspruch der Beigeladenen für den Zeitraum vom 05.12.2009 bis zum 18.12.2009 in Höhe von 445,95 Euro befriedigt werde.

Gegen die Bescheide der Beklagten vom 07.01.2010 und vom 19.01.2010 legte der Kläger am 14.01.2010 und vom 19.02.2010 Widerspruch mit der Begründung ein, er habe im Dezember 2009 keine Leistungen des Beigeladenen erhalten. Zudem sei der Beigeladene nicht berechtigt, wegen der an seine Lebensgefährtin und deren Tochter erbrachten Leistungen einen Erstattungsanspruch aus seinem Leistungsanspruch zu verfolgen. Dieses folge aus dem seinem Wortlaut nach eindeutigen § 34a SGB II.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 05.12.2009. Damit sei die Beklagte im Verhältnis zum Beigeladenen gegenüber dem Kläger vorrangig leistungspflichtig. Für die Zeit vom 01.01.2010 bis zum 31.01.2010 habe der Beigeladene als nachrangiger Leistungsträger Leistungen in Höhe von 445,95 Euro erbracht, bevor die Zahlungen der Beklagten erfolgt seien. Somit bestehe ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen. Dieser habe zwar nur für Januar 2010 und nicht auch für Dezember 2009 Leistungen erbracht. Er habe den Erstattungsanspruch in Höhe von 445,95 Euro zum Ausgleich der von ihm im Januar 2010 erbrachten Leistungen geltend gemacht. Diese Summe sei also auf jeden Fall zu erstatten. Aus technischen Gründen sei die Absetzung für die Tage im Dezember 2009 erfolgt. Gemäß § 34a SGB II seien auch Leistungen zu berücksichtigen, die an den Ehepartner und dessen Kinder erbracht würden. Vorliegend handele es sich bei Frau O. T. zwar nicht um die Ehefrau des Klägers, eine eheähnliche Gemeinschaft werde jedoch einer Ehe insoweit gleichgestellt.

Am 08.07.2010 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Detmold Klage erhoben. Zur Begründung hat er seine Auffassung bekräftigt, dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft im Rahmen des § 34 a SGB II nicht gleichgestellt sei. Die Leistungen des Beigeladenen an seine Lebensgefährtin und deren Tochter seien folglich nicht von dem geltend gemachten Erstattungsanspruch erfasst, weshalb er von der Beklagten weitere Leistungen in Höhe von 230,43 Euro beanspruchen könne.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 07.01.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 aufzuheben und die ...

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