Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erstattung selbst beschaffter Pflegehilfsmittel

 

Orientierungssatz

1. Die Pflegekasse hat Kosten für selbst gekaufter Einmal-Pflegehilfsmittel auf Grund des Sachleistungsprinzips und zur Sicherung des Qualitätsstandards der Pflegehilfsmittel nicht zu erstatten, auch wenn diese beim Billigdiscounter günstiger beschafft werden konnten als über den Leistungserbringer.

2. Die Pflegekassen sind nicht gehindert, ihre Praxis, die Kosten zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel monatlich auszuzahlen, aufzugeben, wenn diese rechtswidrige Praxis unter Ankündigung aufgegeben wird, nachdem die Spitzenverbände gem. § 78 Abs. 1 SGB 11 mit den Leistungserbringern Verträge abgeschlossen haben.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 18.07.2006 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Pflegehilfsmittel in Höhe von pauschal 31 EUR im Monat.

Die Klägerin bezieht ab 01.07.2004 Leistungen nach der Pflegestufe I, ab 01.07.2005 nach der Pflegestufe II und nunmehr ab 01.01.2006 nach der Pflegestufe III. Sie beantragte am 02./05.11.2004 die Übernahme der Kosten für die laufend benötigten Einmal-Pflegehilfsmittel. Sie unterzeichnete einen Kostenübernahmeantrag, in dem ausdrücklich geregelt ist, dass die Kosten von einem Leistungserbringer unmittelbar mit der Pflegekasse abgerechnet werden sollten.

Mit Schreiben vom 13.01.2005 widersprach sie einer zuvor mündlich erteilten Ablehnung, nach der die bisher selbstbeschafften Pflegehilfsmittel mangels entsprechender Belege nicht übernommen würden. Sie vertrat die Ansicht, dass ihr die Kosten pauschal und unkompliziert zu erstatten seien. Es könne nicht verlangt werden, dass sie die Pflegehilfsmittel bei einem sog. Leistungserbringer erwerben müsse. Die Pflegehilfsmittel seien dort um das Doppelte teurer als bei dem Geschäft um die Ecke. Sie möchte eigenständig entscheiden, bei wem sie ihr Geld lasse.

Die Klägerin hat zunächst erfolglos im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes versucht, von der Beklagten die Erstattung der Kosten für die von ihr selbst beschafften Pflegehilfsmittel zu erhalten (Beschluss SG Aachen vom 24.03.2005 - S 15 P 4/05 ER, bestätigt durch Beschluss des erkennenden Senates vom 13.06.2005 - L 6 B 8/05 P ER -).

Die Klägerin hat am 03.05.2005 Klage erhoben und Kostenerstattung statt der gewährten Sachleistung beansprucht. Sie hat angeführt, die Produkte des Leistungsanbieters vor Ort seien zu teuer. Woanders würde sie für das gleiche Geld mehr an Leistung bekommen. Sie wohne auch sehr weit von dem Geschäft des Leistungserbringers. Es sei bei ihr zuhause selten eine dritte Person anwesend, um die Hilfsmittel anzunehmen. Sie selbst sei bettlägerig und könne nicht aufstehen um die Lieferung entgegenzunehmen.

Die Beklagte hat zunächst das Vorverfahren durchgeführt und mit Bescheid vom 01.08.2005, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25.11.2005 den Antrag der Klägerin abgelehnt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 18.07.2006 abgewiesen und die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln sei eine Sachleistung und grundsätzlich auch nur über zugelassene Leistungserbringer zu erhalten. Um den Qualitätsstandard der Pflegehilfsmittel zu gewährleisten, bleibe die Lieferung den zugelassenen Leistungserbringern vorbehalten. Gesichtspunkte, die eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung nahe legen würden, seien nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt und auf den Schwerbehindertenausweis mit GdB 100 und den zuerkannten Merkzeichen G, aG, Bl, H und RF hingewiesen. Sie sei völlig erblindet, gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen, zudem alleinstehend und alleinerziehend von zwei minderjährigen Kindern, die eine Ganztagsschule besuchen würden. Der Gesundheitszustand habe sich weiter rapide verschlechtert. Sie hat in einem Telefonat mit dem Senatsvorsitzenden angeführt, sie verstehe die Verwaltungspraxis der Beklagten nicht. Beispielsweise die Barmer Ersatzkasse zahle aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung pauschal 31 EUR und würde entsprechend bis zu diesem Betrag abrechnen, auch wenn die Hilfsmittel bei einem Billigdiscounter gekauft worden seien. Das Verhalten der Beklagten sei nicht mehr zeitgerecht. So könne man heute schon Zahnprothesen in China kaufen oder über das Internet verschreibungspflichtige Medikamente erwerben. Das Verhalten der Beklagten sei wettbewerbswidrig und sie kämpfe auch für andere Pflegebedürftige. Sie selbst sei bettlägerig und könne die von einem Leistungserbringer gebrachten Pflegemittel nicht entgegennehmen. Der Leistungserbringer sei auch nicht bereit, einen Liefertermin zu vereinbaren, sondern er würde die Hilfsmittel irgendwann zwischen 9 Uhr und 17 Uhr anliefern. Im Übrigen habe sie seit 2004, von wenigen ...

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