Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der isolierten Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses durch den Rentenversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Das in § 7 a SGB 4 geregelte Statusfeststellungsverfahren gibt dem Rentenversicherungsträger ausschließlich die Befugnis der Feststellung von Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Eine isolierte Feststellung von Vorfragen bzw. Elementen einer Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit, wie insbesondere des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung, ist ausgeschlossen.

2. Infolgedessen kann der Rentenversicherungsträger die Frage des Bestehens einer abhängigen Beschäftigung nicht zum Gegenstand einer isolierten Entscheidung machen. Dazu ist das Verfahren nach § 7 a SGB 4 nicht vorgesehen. Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Beitragspflicht sind durch die Einzugsstelle nach § 28 h Abs. 2 SGB 4 oder im Verfahren nach § 28 p SGB 4 zu klären.

 

Normenkette

SGB IV § 7a Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 6 S. 2, § 28d S. 1, § 28h Abs. 2 S. 1, § 28p Abs. 1 S. 5; SGB X § 31 S. 1; SGB I § 31; SGB III § 346 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 2; SGB VI § 172 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; GKG § 52 Abs. 1; SGG § 197a Abs. 1 S. 1; VwGO § 155 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.5.2013 geändert und der Bescheid vom 27.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28.8.2012 hinsichtlich der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) als Steuerberater in der Steuerberatungskanzlei des Klägers ab dem 1.7.2011 aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1).

Der Kläger ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er ist der Sohn des 1946 geborenen Beigeladenen zu 1). Seit 1973 betrieb zunächst der Beigeladene zu 1) eine Steuerberatungskanzlei, welche sodann der Kläger zum 1.7.2011 einschließlich sämtlicher Mandatsverhältnisse, des Personals sowie der Betriebs- und Geschäftsausstattung übernahm. Aufgrund einer mündlichen Vereinbarung mit dem Kläger blieb der Beigeladene zu 1) in der Kanzlei weiterhin für ein regelmäßiges monatliches Entgelt in Höhe von 2.500,00 EUR brutto tätig.

Der Kläger beantragte am 26.10.2011 nach § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) ab dem 1.7.2011. Der Beigeladene zu 1) schloss sich dem Antrag an. Nach schriftlichen Ermittlungen und vorheriger Anhörung des Klägers sowie des Beigeladenen zu 1) verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 27.1.2012 gegenüber dem Kläger wörtlich:

"Die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status hat ergeben, dass die Tätigkeit als Steuerberater bei Ihnen seit dem 1.7.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

In dem Beschäftigungsverhältnis besteht keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung."

Aufgrund des Gesamtbildes der vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse sei von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) bei dem Kläger auszugehen. Da der Beigeladene zu 1) jedoch die Regelaltersgrenze überschritten habe und Altersrente beziehe, bestehe Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) und im Recht der Arbeitsförderung (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III] i.V.m. § 235 Abs. 1, 2 SGB VI). Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung bestehe nach § 6 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 23 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).

Auf Nachfrage des Klägers teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 10.2.2012 mit, für Beschäftigte, die als Bezieher einer Vollrente wegen Alters in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. wegen Vollendung des für die Regelaltersgrenze erforderlichen Lebensjahres in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei seien, trügen die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären (Hinweis auf §§ 172 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, 346 Abs. 3 SGB III).

Der Kläger erhob daraufhin gegen den Bescheid vom 27.1.2012 Widerspruch. Der Beigeladene zu 1) sei nicht wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert und werde auch nicht an Stelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt. Eine Anwesenheitspflicht in den Geschäftsräumen sowie ein Weisungsrecht bzgl. Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung bestehe nicht.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.8.2012 als unbegründet zurück. Mit dem Widerspruch werde zunächst die Feststellung be...

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