Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung im Versorgungsausgleich erworbener Anwartschaften

 

Orientierungssatz

1. Die Übertragung von Rentenanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu Lasten von Versicherten führt nach § 76 Abs. 3 SGB 6 zu einem sofortigen Abschlag von Entgeltpunkten. Dazu werden die übertragenen Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte umgerechnet. Unabhängig davon, ob der ausgleichsberechtigte frühere Ehegatte bereits eine Rente bezieht, sind mit der erstmaligen Rentenberechnung unmittelbar und sofort der Versorgungsausgleich bzw. die übertragenen Entgeltpunkte wertmindernd zu berücksichtigen.

2. Ein Vertrauensschutz dahingehend, dass ein bei einer Rentenleistung nach dem SGB 6 außer Betracht gebliebener Abschlag für im Wege des Versorgungsausgleichs übertragene Rentenanwartschaften auch für künftige, sich nahtlos anschließende Leistungen nach dem SGB 6 gilt, findet sich im Gesetz nicht; er ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.8.2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Knappschaftsausgleichsleistung.

Der im September 1958 geborene Kläger hat von 1975 bis 1978 eine Lehre als Betriebsschlosser erfolgreich durchlaufen und wurde anschließend im deutschen Steinkohlenbergbau angelegt, wo er ab Januar 1979 der Grubenwehr angehörte und zuletzt auf dem Bergwerk M als Leiter des Fachbereichs Arbeits- und Umweltschutz sowie als Oberführer der Grubenwehr tätig war. Anschließend war er bei der S in I beschäftigt und kehrte zum 30.6.2009 ab. Er war seit 1982 in erster Ehe mit der 1960 geborenen S verheiratet. Die Ehe wurde mit Urteil des Amtsgerichts (AG) E vom 3.12.2007 geschieden (sofortiger Rechtsmittelverzicht, rechtskräftig ab 8.2.2008). Im Scheidungsurteil wurden im Wege des Versorgungsausgleichs vom Rentenkonto des Klägers Rentenanwartschaften in Höhe von EUR 951,76 auf das Rentenkonto der Ehefrau übertragen. Die früheren Eheleute vereinbarten außerdem, dass der Kläger seiner früheren Ehefrau ab Mai 2009 laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich EUR 300 zu zahlen habe (Vergleich vom 2.7.2009).

Die Beklagte gewährte dem Kläger ab dem 1.7.2009 Rente für Bergleute wegen Vollendung des 50. Lebensjahres in Höhe von EUR 1152,28. Wegen der laufenden Unterhaltszahlung an seine frühere Ehefrau berücksichtigte die Beklagte den Versorgungsausgleich nicht, sondern legte bei der Berechnung des Anspruchs (der "Höhe der Rente") auch (noch) die bereits übertragenen Anwartschaften zugrunde (Bescheid vom 7.8.2009). Daneben gewährte ihm das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ab dem 1.7.2009 Anpassungsgeld in Höhe von EUR 1293,10 "voraussichtlich bis zum 30.9.2013" und setzte dabei den Versorgungsausgleich ebenfalls aus. Die Rente für Bergleute rechnete es an (Bescheide vom 28.9. und 28.10.2009).

Im Mai 2013 beantragte der Kläger mit einem Formular, das mit "Antrag auf Versichertenrente" überschrieben war, Knappschaftsausgleichsleistung (KAL) ab 1.10.2013 (Vollendung des 55. Lebensjahres). Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass sie wegen einer zum 1.9.2009 eingetretenen Rechtsänderung den Versorgungsausgleich trotz der Unterhaltszahlung nicht mehr außer Betracht lassen könne, und bewilligte anschließend ab 1.10.2013 KAL in Höhe von EUR 1723,87. Dabei berücksichtigte sie die im Wege des Versorgungsausgleichs auf die erste Ehefrau übertragenen Anwartschaften dergestalt, dass sie von den errechneten 76,4248 Entgeltpunkten (EP) 25,2310 EP (umgerechnet aus EUR 951,76) in Abzug brachte, und der Berechnung der KAL (folglich nur) 51,1938 EP zugrunde legte (Bescheid vom 26.7.2013).

Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger weiter "ungekürzte Rente", da für ihn weiter das sog "Rentnerprivileg" gelte. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Das "Rentnerprivileg" gelte für den Kläger nicht mehr, da die KAL nach dem 31.8.2009 beginne. Bei der KAL handele es sich im Verhältnis zu der zuvor bezogenen Rente für Bergleute um eine andere Rente, für die das neue, ab 1.9.2009 geltende Recht maßgeblich sei (Widerspruchsbescheid vom 7.11.2013).

Mit seiner Klage vom 6.12.2013 hat der Kläger weiter die volle, nicht durch die im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anwartschaften gekürzte KAL begehrt. Zur Begründung hat er auf einen Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 21.2.2012 (Az II-2 UF 90/11) Bezug genommen, der seine Auffassung stütze.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 26.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2013 zu verurteilen, die Knappschaftsausgleichsleistung ohne Kürzung um die im Rahmen des Versorgungsausgleichs an die geschiedene Ehefrau übertragenen Anwartschaften zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Sie hat ihre Entscheidung für richtig gehalten.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage ab...

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