Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnärztliche Versorgung. Wirtschaftlichkeitsprüfung. Beginn der vierjährigen Ausschlussfrist. Ermittlung des Tags der Bekanntgabe des jeweiligen Honorarbescheides im gerichtlichen Verfahren. objektive Feststellungslast durch Beschwerdeausschuss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Lauf der vierjährigen Ausschlussfrist für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen beginnt mit dem Tag der Bekanntgabe des jeweiligen Honorarbescheides.

2. Dieser Zeitpunkt ist in einem gerichtlichen Verfahren, in dem die Rechtswidrigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfung wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist geltend gemacht wird, zu ermitteln. Gelingt dies nicht, trägt der Beschwerdeausschuss insoweit die objektive Feststellungslast. Er kann sich demgegenüber grundsätzlich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. August 2001 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Behandlungsweise der Klägerin im Quartal IV/93 noch auf Wirtschaftlichkeit überprüft werden konnte.

Die Klägerin betreibt eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis in F., die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnimmt. Im Dezember 1994 beantragten Mitgliedskassen der Beigeladenen zu 2. bis 4. sowie zwei Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen zu 1. eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ihrer Behandlungsweise in den Quartalen II-IV/1993 im Hinblick auf Röntgen- und chirurgische Leistungen sowie die Nrn. 38, 40 und 41 a des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z). Die Klägerin wurde hiervon erstmals mit Schreiben vom 16. Januar 1995 informiert. In der Folgezeit blieben die Prüfungseinrichtungen untätig, nachdem es zu Streitigkeiten über die Kostentragung der Prüfverfahren gekommen war. Erst mit Schreiben vom 02. September 1997 wurde die Klägerin um Stellungnahme zu ihrer Behandlungsweise gebeten. Unter dem 10. März 1998 beschloss der zu 5. beigeladene Prüfungsausschuss für das Quartal IV/93 Honorarkürzungen im Hinblick auf die Bema-Z-Nrn. 41 a, 48, 54 a, 54 b und 56 c in Höhe von insgesamt 27.781,66 DM. Der Beschluss wurde der Klägerin mit Begleitschreiben vom 30. März 1998 per Einschreiben übermittelt. Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks in der Verwaltungsakte des Beklagten ging er dort am 31. März 1998 ein.

Am 29. April 1998 haben die Mitglieder der Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt und sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) berufen, wonach bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der abschließende Bescheid über die Honorarkürzung spätestens vier Jahre nach der vorläufigen Quartalsabrechnung dem Vertragszahnarzt zugestellt werden müsse; diese Frist sei für die Quartale II-IV/1993 überschritten.

Mit Beschluss vom 21. April 1999 reduzierte der Beklagte die Honorarkürzung auf 9.828,41 DM und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zum behaupteten Fristablauf führte er zur Begründung aus, wie sich aus dem Nachtrag zum Merkblatt “Zahlungen der KZV Niedersachsen aufgrund der Honorarabrechnung für Kassenzahnärzte„ ergebe, würden die Restzahlungen für das 4. Quartal bis zum 05. April d.J. überwiesen. Zeitgleich mit den Zahlungen würden die Honorarbescheide versandt. Die Zahlung für das Quartal IV/93 sei am 05. April 1994 angewiesen, der Honorarbescheid mit Wirkung zu diesem Datum erlassen worden. Somit sei der Beschluss des Prüfungsausschusses nachweislich fünf Tage vor dem am 05. April 1998 eingetretenen Fristablauf zugestellt worden. Eine Prüfung der Quartale II und III/93 dürfe dagegen nicht mehr erfolgen. Diese Entscheidung wurde der Klägerin mit Schreiben vom 21. Juni 1999 per Einschreiben bekannt gemacht.

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 1999 haben die Mitglieder der Klägerin hiergegen Klage erhoben, die am 14. Juli 1999 bei dem Sozialgericht (SG) Hannover eingegangen ist. Zur Begründung haben sie zunächst bestritten, dass ein ordnungsgemäßer Prüfantrag für das Quartal IV/93 gestellt worden sei. Insbesondere sei jedoch die nach der Rechtsprechung des BSG zu beachtende Ausschlussfrist von vier Jahren nach der vorläufigen Honorarabrechnung nicht beachtet worden. Der Bescheid des Beigeladenen zu 5. sei der Klägerin zwar am 31. März 1998 zugestellt worden, das Zustellungsdatum der Quartalsabrechnung IV/93 datiere jedoch vor dem 31. März 1994. Man könne den Zustellungszeitpunkt dieser Quartalsabrechnung allerdings nicht konkret benennen, weil derartige Abrechnungen lediglich mit einfachen Schreiben erfolgten. Die Abrechnungen für das 4. Quartal 1994, 1995 und 1998 hätten jedoch das Datum 30., 28. bzw. 29. März getragen; es sei davon auszugehen, dass diese Abrechnungen wie auch der Prüfungsbescheid vom 30. März 1998 einen Tag nach Datumsangabe der Klägerin zuges...

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